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Die Recherche: Doping im Hobby-Radsport

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24.07.2017
Gedopt im Hobby-Radsport

Wie dreckig ist der Hobby-Radsport?

Am Spitzensport verdienen Doping-Hersteller und -Händler Millionen, am Breitensport Milliarden. Auch im Hobbyradsport wurden in den letzten Jahren Doper überführt. Ein Einblick in das Doping- und Anti-Doping-Geschäft.

Der Anti-Doping-Kampf im Spitzensport produziert viele Schlagzeilen – für Enthüllungsjournalisten ist er sogar lukrativ. Recherchen und Reportagen über Staatsdoping in Kenia oder Russland bringen maximale Aufmerksamkeit und im Anschluss viel Geld. Doch die Zeichen mehren sich, dass weit verbreitetes Doping kein Phänomen einzelner Nationen und seiner Spitzenathleten ist, sondern systemimmanent. Auch im Amateur- und Hobbyradsport wurden in den vergangenen Jahren viele Fahrer des Dopings überführt. In Großbritannien beispielsweise gab es 2016 drei Positivtests bei 44 durchgeführten Kontrollen.1 Eine enorme Quote. Einer der Doper war ein 46-jähriger Teilnehmer eines Zwölf-Stundenrennens für Hobbyfahrer, ein anderer war erst 17 Jahre alt – er wurde positiv auf EPO getestet.

Um jeden Preis

Die „Leistungsoptimierung“ um fast jeden Preis ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Gedopt wird überall, bei Olympia, beim Boston-Marathon oder dem Volkslauf von Wanne-Eickel. Auch Deutschland hat ein Dopingproblem. Es betrifft nicht nur seine Spitzensportler, sondern auch Menschen, die nicht vom und für den Sport leben. Den Nachbarn, den Kollegen, den Chef, den Schüler. Rund zwei Drittel der 80 Millionen Deutschen treiben regelmäßig Sport. Zumindest geben sie dies in Umfragen an. Für Spitzensportler ist die Motivations- und Kausalkette klar: Leistung bringt Erfolge, Erfolge bringen Geld. Lässt man den moralischen und den gesundheitlichen Aspekt außen vor, kann die Doping-Entscheidung im Spitzensport aus Sicht des Athleten, Trainers, Teams als „pragmatisch“ bezeichnet werden: Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, Teil des Systems zu werden oder zu bleiben, Verträge zu bekommen, Aufmerksamkeit, Sponsoren und damit letzten Endes immer das, was diese Welt – scheinbar – antreibt: Geld.

Warum wird im Hobbysport gedopt?

Warum die Dopingmentalität im Hobbysport aufkam, ist eine weit schwierigere Frage. Studien zufolge greifen schon jetzt mindestens 200.000 Breitensportler in Deutschland regelmäßig zu leistungssteigernden verbotenen Mitteln.2 Schlimmer noch: Mindestens zehn Prozent der deutschen Schüler, von der Grundschule bis zum Gymnasium, verfügen über ausgeprägte Dopingerfahrungen.3 Jeder fünfte 17-Jährige kennt Jemanden, der Steroide benutzt oder benutzt hat. 30 Prozent der Verwender von anabolen Steroiden in Norwegen beginnen laut einer Studie der Universität Bergen vor dem 21. Lebensjahr.4

Das Geschäft mit Dopingmitteln ist lukrativ. Es gibt verhältnismäßig wenige Spitzensportler, aber umso mehr Menschen, die in ihrer Freizeit Sport treiben. Doping-Hersteller und -Händler haben das längst begriffen. Dopingmittel werden in Untergrundlaboren selbst hergestellt oder gelangen über illegale Wege – etwa durch korrupte Apotheker – aus der Pharmawirtschaft auf den Schwarzmarkt. Die Gewinnmargen sind enorm. Medikamente, die in der Herstellung maximal einen Euro pro Einheit kosten, werden auf dem Schwarzmarkt oft für 30 bis 35 Euro pro Stück verkauft.

Die Mittel der Wahl

Äußerst beliebte Dopingmittel im Breitensport sind Testosteron-Präparate, die zu großen Teilen aus den Balkanländern stammen. Im Gegensatz zur Regelung in Deutschland gilt das männliche Sexualhormon etwa in Serbien als handelsübliche Apothekerware. Fünf Ampullen à 250 Milligramm Testosteron „Depo Galenika“ kosten in der Online-Apotheke zwischen drei und fünf Euro. Bezahlt wird per Kreditarte. Auch das Dopen mit dem „Klassiker“ EPO, Erythropoetin, ist inzwischen viel „günstiger“ geworden. Für eine vierwöchige Kur zahlt man zwischen 500 bis 600 Euro. Das Problem der Doping-Fahnder: Der Markt kennt derzeit weit über 150 verschiedene EPO-Varianten, die überall auf der Welt produziert werden. Vietnam, Indien, China, Brasilien, Mexiko und Kuba gelten als Hochburgen der Produktion.⁵

Epo ist nach wie vor beliebt

Bei 75 Prozent aller als Dopingpräparate eingestuften Arzneimittel handelt es sich um rezeptpflichtige Medikamente für kranke Menschen. EPO ist nach wie vor eines der am häufigsten in Tests gefundenen Dopingmittel. Erst im Oktober 2016 sperrte das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) vier Radmarathon-Fahrer. Darunter war mit Alessio Ricciardi auch ein relativ prominenter EPO-Doper. Der Italiener gewann im September 2016 den Granfondo Tre Valli Varesine. Sein Team beziehungsweise Teamverbund „Veloclub.it“ ist für Außenstehende kaum transparent. In der italienischen Radmarathon-Szene gehen laut einer Quelle Gerüchte um, dass diese Teams in zwei weitere Dopingfälle des Jahres 2016 verwickelt gewesen sein sollen. Es blieb bei Gerüchten.

Jeder, der EPO, Testosteron und andere synthetisch hergestellte Hormone dauerhaft einsetzt, setzt sich einem enormen Gesundheitsrisiko aus. Und doch werden diese Produkte wider jede Vernunft verwandt. Auch im Hobbysport. „Heute können Sie alles kaufen. Sogar Forschungsmittel- und dosierungen. Dazu kann man völlig neue Dopingmittel herstellen lassen, die noch nicht entdeckt werden“, warnte Helmut Mahler vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen beim Frankfurter Anti-Doping-Symposium 2016. Die meisten Hobbysportler versorgen sich in der Anonymität des Internets mit leistungssteigernden Substanzen. Das Darknet liefert alles. Man findet, was man will: gefälschte Medikamente, auch solche für Krebs- und Herzkranke. Wenige Klicks, eine Überweisung, eine Lieferung. 

Der Kostenfaktor

Abseits der ethischen Komponente hat das Dopingproblem auch weitreichende finanzielle Folgen. Doping im Breitensport hat das Potenzial, in den folgenden Jahren gesetzliche wie private Krankenkassen zusehends zu belasten. Schon 2009 warnte der ehemalige Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags, Peter Dankert, davor, die gesundheitlichen Folgen des Doping- und Drogenmissbrauchs im Freizeitsport klein zu rechnen. Die Kosten übertreffen mittlerweile alle Vorausberechnungen. Sie liegen über der Milliardengrenze. Auch für die betroffenen Menschen hat der regelmäßige Dopingkonsum oft kaum absehbare Nachwirkungen: Massive Leber- und Nierenschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, zunehmende Aggressivität, Krebs.

Das System lässt dies zu. Der renommierte Dopingforscher Perikles Simon sagte vor kurzem: „Wir haben generell ein fragwürdiges Gesundheitssystem: Es wird aktiv, wenn jemand krank ist. Die Behandlung ist bei uns wichtiger als die Prävention, beim Doping, aber auch bei klassischen Suchtmitteln.“ Es müsse genau andersherum sein, fordert Simon, die Prävention müsse Priorität haben. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da. Andere Länder sind da sehr viel weiter, etwa in Skandinavien. Prävention hat in Norwegen und Dänemark einen sehr hohen Stellenwert. Dort fließen bis zu 30 Prozent des NADA-Etats in die Doping-Prävention.

Interessenkonflikt

Trotz der prognostizierten Mehrkosten für das Gesundheitssystem finden der Anti-Doping-Kampf und die Prävention im Breitensport hierzulande noch wenig statt. Einer der wenigen, der bei seinen Events für Hobby-Radsportler Dopingkontrollen aus eigener Tasche zahlt, ist Uli Fluhme. Der Geschäftsführer der Gran-Fondo-New-York-Serie (GFNY) hat zum Thema Doping eine klare Haltung und vertritt diese auch öffentlich. Oscar Tovar und Yamile Lugo, beide aus Kolumbien, wurden beim GFNY 2015 des Dopings überführt. In ihren Dopingproben fand man synthetisches Testosteron und anabole Steroide. Bereits 2012 ließ Fluhme außerdem zwei Altersklassen-Athleten aus den USA und Italien nachträglich wegen Epo-Missbrauchs disqualifizieren und für lebenslang von GFNY-Events ausschließen. Andere Veranstalter verweisen auf das komplizierte Regelwerk.

Dopingtests sind teuer

Die Nationale Anti-Doping-Agentur habe ihnen zufolge im Breitensport nur einen begrenzten Spielraum für Kontrollen. Dem widersprach Lars Mortsiefer, Chef-Justiziar der NADA, vor kurzem in einem Interview: „Die Teilnehmer eines Rennens können auch ohne BDR-Lizenz an das Anti-Doping-Regelwerk des jeweiligen Veranstalters gebunden sein. Beispielsweise weil sie vor dem Rennen eine Einverständniserklärung über die Durchführung von Kontrollen unterschrieben haben.“ Doch die Dopingkontrollen gelten auch als verhältnismäßig teuer. Eine Urinkontrolle kostet laut Mortsiefer von der Abnahme bis zur Analyse „zwischen 260 und knapp 900 Euro“. Blutproben sind sogar noch teurer. Hier liegen die Kosten „zwischen 400 bis weit mehr als 1000 Euro“. Angesichts dieser Zahlen schrecken die meisten Radmarathon-Veranstalter vor mehr Kontrollen zurück. Dabei nimmt der Konsum von Dopingmitteln bei Jedermann-Sportlern seit zwei Jahrzehnten stetig zu. Bei einer anonymen Umfrage des Ironman Frankfurt gaben 20 Prozent der befragten Athleten an, dass sie sich mit Dopingpräparaten auf den Event vorbereitet haben. ⁶

In Fitnessstudios, Volksläufen, Triathlon-Events und Radmarathons sehen viele Protagonisten einen ewig sprudelnden Jungbrunnen. „Übersteigertes Körperbewusstsein ist die maßgebliche Triebfeder für Doping“, warnte das Berliner Robert-Koch-Institut schon 2006 in einer Studie. Der Selfie-Boom verstärkt diese Entwicklung. Viele Menschen verbringen mehrere Stunden am Tag in den sozialen Medien. Sie wetteifern im Freundeskreis um das bessere, perfekte Profilbild, um die Zahl ihrer Follower oder „Likes“. Man arbeitet am eigenen Körper – oder an der Leistung auf dem Rad, beim Laufen oder auf dem Platz – denn darüber definiert man sich. Man stärkt das Ego, hebt sich von anderen ab, bekommt Anerkennung – man arbeitet an der eigenen Identität.

Doping-Motive 

Zehn Prozent der deutschen Männer, die in Fitnessstudios gehen, nehmen derzeit frei verkäufliche Mittel zum Muskelaufbau, weitere drei Prozent nutzen Abnehmpräparate.⁷ Das alleine ist noch nicht das Grundproblem. Doch der Übergang von legalen Aufbaupräparaten zu Hormonen, Stimulanzien und anderen illegalen Dopingmitteln ist oft schleichend. „Man beginnt mit einer Kreatin-Kur zur Steigerung der Muskelkraft und stößt damit womöglich eine Dynamik an. Erst etabliert sich Stück für Stück eine Kuren-Logik, und dann prägt sich oftmals eine Dopingmentalität aus“, warnte der Doping-Forscher Mischa Kläber von der TU Darmstadt in einem Interview.

Doping im Sport - ein Spiegel der Gesellschaft

Die Gründe für den Dopingkonsum im Breitensport sind vielfältig. Ein Hauptgrund: Der Sport ist ein Spiegel der Gesellschaft. Es wird optimiert, sich angepasst – bis zur Selbstaufgabe. Zeit ist knapp. Freie Zeit gilt als ungenutzte Zeit, als Leerlauf im Lebenslauf. Im Gegensatz zum Sport findet man „Doping“, beziehungsweise die Selbstoptimierung, im gesellschaftlichen Teilbereich „Karriere“ beziehungsweise 
„Berufswelt“ ethisch kaum anstößig. Verhaltensauffällige Kinder werden schon im Kindergarten ruhig gestellt. Statt ihren Bewegungsdrang zu fördern, werden Sportstunden gestrichen. Jeder fünfte Student in Deutschland nimmt leistungssteigernde Mittel ein, um sich in Lernphasen besser und länger konzentrieren zu können.⁸ Im Studium gilt es, um jeden Preis in der Regelstudienzeit zu bleiben. Danach geht es weiter: Praktika, Auslandsaufenthalte, erste Joberfahrung parallel zum Studium. Einige Jungmanager pushen sich mit Amphetaminen. Die reine Leistung zählt. Trotz des gesellschaftlichen Trends zur Selbst- und Leistungsoptimierung wird bei Breitensportveranstaltungen kaum bis gar nicht kontrolliert. Das Budget der NADA ist mit neun Millionen Euro gering. Man hängt am Tropf der Politik. Mehr als ein Drittel des Geldes kommt vom Bund. Hilfe aus der Wirtschaft gibt es nicht. Im Herbst 2016 strich Adidas als letzter verbliebener Firmensponsor seine jährliche Unterstützung von 300.000 Euro. Die Veranstalter wollen nicht alleine für die Kosten der Kontrollen aufkommen. Die Schuld für fehlende Kontrollen schiebt man sich gegenseitig zu. Nicht nur in Deutschland ist das so. Auch in den meisten anderen Ländern stößt der Anti-Doping-Kampf an seine Grenzen. Eine Ausnahme ist Italien, wo bei vielen Radmarathons Dopingkontrollen durchgeführt werden. Italien stellt dementsprechend die meisten überführten Doper im Jedermann-Radsport der letzten Jahre.

Keine Kontrollen beim Ötztaler

Zum Ötztaler Radmarathon 2016 hatte der Veranstalter in diesem Jahr erstmals Dopingkontrollen angekündigt (RennRad 3/2016). Einige Top-Teilnehmer der vergangenen Jahre wurden wenig später, bei anderen Veranstaltungen, des Dopings überführt. Darunter waren der Sieger des Ötztalers 2014, Roberto Cunico, und der damalige Zweitplatzierte Emanuel Nösig aus Österreich. Auch Emanuele Negrini, Sieger von 2009, war gedopt. „In den letzten 15 Jahren waren wenige Sieger beim Ötztaler sauber“, meinte Othmar Peer, langjähriger Moderator des Spektakels Anfang 2016 in einem Interview. Bis wenige Wochen vor der 2016er-Ausgabe ist die österreichische NADA davon ausgegangen, dass Dopingkontrollen bestellt werden. Ein Kostenvoranschlag lag auf dem Tisch. Letztendlich aber kam es zu keiner einzigen Kontrolle. Die NADA Österreich und der Veranstalter konnten sich nicht über die Kostenübernahme für Dopingkontrollen einigen. Diese Informationen bestätigten beide Parteien gegenüber RennRad. „Wenn es sich um eine Privatveranstaltung handelt, die nicht in irgendeiner Art und Weise (mittelbar oder unmittelbar) durch Sportfördermittel finanziert wird, hat die NADA Austria per Anti-Doping Bundesgesetz keine Möglichkeit, zu kontrollieren“, teilte David Müller, Leiter der Abteilung Information und Prävention, auf RennRad-Anfrage mit. Seitens des Veranstalters erklärte man uns gegenüber, dass man „das Thema Doping zwar ernst nimmt und sich der Sache auch proaktiv stellt. Das haben wir heuer vor allem durch den überaus interessanten Vortrag von Professor Perikles Simon bewiesen“. Sogar einige Topfahrer plädieren für mehr Kontrollen. Bernd Hornetz gewann die 2016er-Ausgabe mit einer Zeit von unter sieben Stunden (RennRad 11/12 2016). Im Anschluss sah er sich im Netz massiven Doping-Anschuldigungen ausgesetzt. Als Reaktion darauf hat Hornetz eine Initiative bei der deutschen NADA gestartet. Sein primäres Ziel: mehr Kontrollen. „Ich möchte mich für jegliche Form modernster Analysen bereitstellen“, schrieb er in einer E-mail an die Verantwortlichen der NADA Deutschland. Dass mehr Kontrollen zum richtigen Zeitpunkt wirkungsvoll sein können, meint auch Matthias Kamber, der Direktor der nationalen Anti-Doping-Agentur der Schweiz: „Wenn die gedopten Athleten im richtigen Augenblick getestet würden, hätten sie keine Chance. Wir wüssten also schon, wie der Betrug nachzuweisen ist.“⁹ 

Falsche Positivproben?

Die Forderung nach mehr Präsenz der Kontrollorgane im Breitensport erscheint legitim. Doch wie aussagekräftig und verlässlich sind Dopingkontrollen überhaupt? Das EPO-Testverfahren gilt als teuer. Es gehört deshalb nicht zum Standard-Repertoire der Kontrolleure. Auf welche Substanzen getestet wird, wissen nur die NADA und das 
analysierende Labor. Dazu existieren berechtigte Einwände gegen die Anwendung des einst hochgelobten EPO-Testverfahrens. Experten wie Perikles Simon warnen seit längerem vor der Unzuverlässigkeit: „Der EPO-Test ist so etwas wie eine Lotterie und gehört in der jetzigen Form sofort abgeschafft.“ Ein fälschlicherweise als positiv eingestuftes Kontrollergebnis ist das Horrorszenario jedes Athleten. Es kann ein Sportlerleben zerstören. Auch in Deutschland kommt das vor. Benedikt Karus kann davon erzählen. Sein Fall sorgte in der Laufszene für Aufsehen.

Erwischt es die Falschen?

Der talentierte deutsche Langstreckenläufer wurde im Februar 2015 nach einer Crosslauf-Veranstaltung in Luxemburg positiv auf Darbepoetin, einen Wirkstoff aus der Gruppe der Epoetine, getestet. Die Probe untersuchte das vom IOC akkreditierte Kölner Anti-Doping-Labor. Karus, der nicht vom Sport, aber für ihn lebte, galt bis dato als eloquenter Sportler und war auch unter seinen Läuferkollegen beliebt. Der damals 25-Jährige beteuerte seine Unschuld und suchte mit seinen Anwälten nach Auswegen, die Sperre zu verhindern. Auf eigene Kosten ließ er die Proben im ebenfalls vom IOC akkreditierten Labor in Tokio analysieren. Dort arbeitet man mit einer anderen Analysemethode. Das Testergebnis in Japan fiel negativ aus. 

Die Kontrolleure fanden keine Spuren von Darbepoetin in Karus‘ Probe. Im deutschen Sportgerichtsverfahren kam es – übrigens erst eineinhalb Jahre nach der positiven Probe – zum Showdown: Testergebnis gegen Testergebnis. Deutschland gegen Japan. Köln gegen Tokio. Die deutschen Richter schlugen sich auf die Seite des Kölner Labors. Benedikt Karus wurde schuldig gesprochen und für vier Jahre gesperrt. Bei Angaben zu eventuellen Hintermännern hätte die Sperre auf zwei Jahre reduziert werden können. Da Karus aber in der Verhandlung darauf beharrte, nie gedopt zu haben, blieb das Gericht bei der vierjährigen Sperre und Karus auf den Kosten in Höhe einer fünfstelligen Summe sitzen. Den Gang vor das höchste Sportgericht, den CAS in der Schweiz, hatte er ursprünglich angedacht, aber wegen der hohen finanziellen Zusatzbelastung verworfen. Seine Sportkarriere hat Benedikt Karus mittlerweile für beendet erklärt: „Ich will mit diesem Sport nichts mehr zu tun haben. Ich habe jegliches Vertrauen in die NADA, die Anti-Doping-Labore, die Verbände und seine Funktionäre, das ganze System, verloren. Ich traue da leider keinem mehr.“

Offene Fragen

Am Ende dieser Recherche stehen mehr Fragen als Antworten. Die wichtigsten: Wie kann man das Vertrauen in die Anti-Doping-Institutionen zurückgewinnen? Mit welchen geeigneten Maßnahmen kann man dem Dopingproblem im Breitensport präventiv begegnen? Wer hat die Kosten für eine effektive Anti-Doping-Bekämpfung im Amateur- und Jedermann-Bereich zu tragen? Sind es die Veranstalter? Würden fünf Euro mehr oder weniger Startgeld, die für entsprechende Kontrollen eingesetzt werden könnten, die Teilnehmerzahlen deutlich senken? Oder ist für den Anti-Doping-Kampf eigentlich der Staat verantwortlich? Immerhin sind die finanziellen Folgen für die Gesundheitssysteme aufgrund jahrelangen Doping-Missbrauchs beträchtlich. Müssen demnach der NADA als quasi-staatlichen Auftrag die Umsetzung von mehr Kontrollen im Breitensport zugeschrieben werden? Wie kann bei der finanziellen Abhängigkeit der NADA vom Bund die Unabhängigkeit der Kontrolleure gewährleistet werden? Es sind Fragen wie diese, die in den nächsten Monaten diskutiert werden müssen. Ein Königsweg ist nicht in Sicht. Noch immer suchen viele Menschen im Sport nach der Reinheit, die sie in der Welt nicht finden. Der Hobbysport kann unverfälschtes Glück sein, authentisches Drama oder ungeschminkter Gefühlsausbruch. Der erste bezwungene Alpenpass auf dem Rennrad oder der erste Radmarathon rufen Gefühle hervor, die man im Alltag nicht findet. An seine eigenen Grenzen und darüber hinausgehen und jede einzelne Pore des eigenen Körpers spüren. Das ist wahrer Sport. //

 

Quellen:

1 Stuart, Peter (2016), in: The Telegraph: Getting into the gear: The rise of doping in amateur cycling, 13.07.2016.

2 Bundeszentrale für politische Bildung (1/2008): Die Schulstunde als Talk. Stark mit Anabolika?, Bonn.

3 Blume, Klaus (2012): Die Doping-Republik. Eine (Deutsch-)Deutsche Sportgeschichte, Berlin.

4 Sagoe, Dominic et al (2014): Prevalence and Correlates of Anabolic–Androgenic Steroid Use in a Nationally Representative Sample of 17-Year-Old Norwegian Adolescents Universität Bergen.

5 Blume, Klaus (2012): Die Doping-Republik. Eine (Deutsch-)Deutsche Sport-geschichte, Berlin. 

6 Stuart, Peter (2016), in: The Telegraph: Getting into the gear: The rise of doping in amateur cycling, online abgerufen am 13.07.2016.

7 Wissen.de (2016): Doping im Freizeitsport: Batagelle oder ernstes Problem?, online abgerufen am 14.07.2016.

8 Bust-Bartels, Nina Marie (2013), in: Die ZEIT, Auf den Lernrausch folgt die Einsamkeit, online abgerufen am 19.12.2016.

9 Rentsch, Bernhard (2016), in: Bieler Tagblatt, „Der Sport war zu selbstständig, man wurde selbstherrlich“, online abgerufen am 10.12.2016.

 

Ausgewählte Aktuelle Dopingfälle im Jedermann- und Amateurradsport

2016

  • Alessio Ricciardi (ITA), Positivtest: Epo , Gran Fondo Tre Valli Varesine, Varese, 4 Jahre Sperre
  • Bruno Chiocca (ITA), Positivtest auf: Cera  , Gran Fondo Campagnolo, Rom, 4 Jahre Sperre
  • Emiliano Bolletta (ITA), Positivtest: Cera, Gran Fondo Campagnolo, Rom,4 Jahre Sperre
  • Paolo Tedone (ITA), Positivtest auf: Stanzozol, Ciclocross del Salento, Gallipoli, 4 Jahre Sperre
  • Daniele Geraci (ITA), Positivtest: Methylphenethylamin Oxilofrin, Giro delle Circonvallazioni, Roccanigi, 4 Jahre Sperre
  • Igor Kopse (SVN), Verweigerung der Kontrolle, King of the Lake, Attersee, 4 Jahre Sperre

 

2015

  • H. F. (GER)*, Positivtest auf Clenbuterol und Oxandrolon, Einzelzeitfahren Aschendor, 10 Monate Sperre
  • Oscar Tovar (COL), Positivtest auf: Testosteron, Gran Fondo New York, USA, 2 Jahre Sperre
  • Yamile Lugo (COL), Positivtest auf Testosteron, Gran Fondo New York, USA, 2 Jahre Sperre
  • Roberto Cunico (ITA), Positivtest auf Epo, Gran Fondo Sestriere, Marmotte, Sestriere, 4 Jahre Sperre

 

2014

  • E. D. (GER)*, Positivtest auf Testosteron/Epistestosteron, Ort: unbekannt, 2 Jahre Sperre
  • Emanuel Nösig (AUT), Positivtest auf: Furosemid & 5aAdiol und/oder 5bAdiol, Österreichische Bergmeisterschaften für Amateure, Thalgau, 2 Jahre Sperre
  • Michael Schwarzäugl (AUT), Positivtest auf: Testosteron, Österreichische Amateur-Straßenmeisterschaften, 2 Jahre Sperre
  • Günter Baringer (AUT), Positivtest auf: Tenside (Putzmittel/Seife) in der Probe, Österreichische Amateur-Straßenmeisterschaften, 2 Jahre Sperre

 

Quelle: 

Text: Daniel Götz; Fotos: Fotolia, Sportograf

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Die Grundausstattung zum Rennrad fahren

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24.07.2017

Die Grundausstattung zum Rennrad fahren

Jahresanfang – während erfahrene Radsportler schon mitten im Training für die neue Saison stecken, lautet bei anderen der Vorsatz für 2017: „Ich fange mit dem Rennradfahren an.“ Damit der Einstieg in diese faszinierende Form der Fortbewegung möglichst reibungslos von Statten geht, sollte man einige elementare Dinge beachten.

Rennrad, Radklamotten, Schuhe, Helm, Tacho – der optimale Start in das neue Hobby steht und fällt mit der richtigen Ausrüstung. Der Radsport ist kein günstiges Hobby, leider. Trotzdem sollte bei der Ausstattung nicht an der falschen Stelle gespart werden. Ansonsten sind Frust oder schlimmstenfalls sogar Verletzungen vorprogrammiert. Das Equipment muss vor allem ein Kriterium erfüllen: Es muss zu seinem Besitzer passen. Sich von Anfang an mit Profimaterial einzudecken, ergibt in etwa ebenso viel Sinn, wie als Fahranfänger ein Formel-Eins-Auto zu steuern. Von den Vorteilen eines federleichten, supersteifen Rades im Wert eines Kleinwagens werden Neulinge zunächst kaum profitieren – außer vielleicht in Sachen Motivation. Zudem gilt für den Anfang: Komfort vor Sportlichkeit. Eine falsche, da zu gestreckte Sitzposition zu wählen, ist ein typischer Anfängerfehler. Welche Anschaffungen absolut notwendig sind und was darüber hinaus noch Sinn ergibt, zeigt unsere Material-Zusammenstellung ab Seite 66. 

1. Einstellungssache

Eine Investition, die sich langfristig auszahlt, ist ein professionelles Bikefitting. Anstatt das Rad und damit die Sitzposition Pi mal Daumen oder anhand irgendwelcher Faustformeln einzustellen, errechnet ein Computersystem die optimalen Winkel für Knie, Schultern, Hüfte. Haltungsfehlern und den häufigsten „Radfahrerproblemen“, Schmerzen und Verspannungen des Nackens und Rückens, wird so von Anfang an vorgebeugt. Die 100 bis 300 Euro können demnach für Viele gut angelegtes Geld sein. Wobei es natürlich auch ohne dieses Investment geht. Eine andere, wenn auch nur grobe Methode ist: Die Schrittlänge zu messen und davon zehn Zentimeter abzuziehen. Dies soll die Sitzhöhe – die man in der Regel zwischen den Tretlagermitte und dem waagerechten Sattel misst – ergeben. Eine andere Variante ist, die Schrittlänge Mal 0,885 zu nehmen. 

2. Die Technik

Ein Rennrad schnell und sicher zu bewegen, muss man lernen. Das geringe Gewicht und die besondere Geometrie machen es enorm agil, wodurch der Umstieg von anderen Rädern durchaus gewöhnungsbedürftig ist. Vor allem bei starkem Seitenwind, nassen Straßenverhältnissen oder schnellen Abfahren ist Konzentration und Radbeherrschung gefragt. Entsprechend ratsam ist es, sich langsam und dosiert an das richtige Radhandling heranzutasten. Wer in sein normales Training von Zeit zu Zeit Gleichgewichts- oder Bremsübungen einstreut, wird bald wesentlich sicherer unterwegs sein. Bei schnellen Kurven sind beispielweise folgende Punkte wichtig: Der Kopf steuert die Bewegung – der Blick geht also dorthin, wohin man hinfahren möchte. Hoch rein, flach raus – die Kurve wird zunächst außen angefahren, dann zieht man nach innen. Aber Vorsicht: Nie über die Fahrbahnmitte legen, sonst wird es bei Gegenverkehr gefährlich. Das Tempo muss bereits bei der Einfahrt in die Kurve passen, denn (starkes) Bremsen ist tabu – ansonsten besteht die Gefahr eines Sturzes. Auch die Position der Kurbel ist wichtig. Der dem Kurvenzentrum zugewandte Kurbelarm steht senkrecht nach oben. So kann das Pedal beim Hineinlegen in die Kurve nicht aufsetzen. 

Selbst das Absteigen, oder besser das Ausklicken aus den Pedalen, will gelernt sein. Klickpedale sind nicht nur sinnvoll, schließlich sorgen sie für eine optimale Kraftübertragung. Sie sind vor allem auch eins: gewöhnungsbedürftig. Theoretisch ist es ganz einfach: Der Fuß wird zuerst nach außen gedreht und anschließend der Schuh seitlich aus der Halterung geschoben. In der Praxis kann das ohne Übung schneller als gedacht zum Problem werden. Ein Tipp für die ersten Versuche: Bei einigen Herstellern lässt sich der Auslösewiderstand des Pedals manuell einstellen; weniger ist hier – für den Anfang – mehr.

3. Das Minimax-Prinzip

Unterwegs gilt die Devise: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Unbedingt mit dabei sein müssen zwei Reifenheber, eine Luftpumpe oder Druckluftkartusche, ein Ersatzschlauch sowie ausreichend Getränke. Nicht fehlen dürfen außerdem für den Notfall ein Handy sowie ein wenig Bargeld. Optional sind etwa ein Minitool und – je nach Witterung – eine Windweste oder Regenjacke sowie Arm- und Beinlinge. Dazu kommt natürlich Verpflegung. Wasser in die Trinkflasche, Riegel, Gels, Bananen, Reiskuchen — oder was auch immer einem mundet. All dies passt in der Regel in in die Trikottaschen. 

4. Das Training

Ein Themenbereich, der ganze Bibliotheken füllt und in dem – ähnlich wie beim Material – Glaubenskriege ausgefochten werden, ist das richtige Training. Je nachdem wie ambitioniert die eigenen Ziele sind und wie gut das Fitnesslevel ist, kann es für den einen oder anderen durchaus Sinn ergeben, sich von einem Experten einen Trainingsplan schreiben zu lassen oder selbst Literatur zu wälzen. Echte Rennrad-Novizen ohne solide Grundfitness sollten hingegen die folgenden drei Grundsätze beherzigen: 1. Anstatt zu versuchen, sklavisch irgendwelche Standard-Trainingspläne einzuhalten, sollte man zu Beginn vor allem auf seinen Körper hören. Wie reagiert er auf die ungewohnte Belastung? Und welches Terrain liegt mir? 2. Grundsätzlich gilt: Regelmäßig fahren und dabei die Pausen nicht vergessen. 

Die Anfangseuphorie verleitet zwar zum Überziehen, aber erst müssen die Grundlagen gelegt werden. Drei Touren pro Woche – zwei Feierabendrunden, eine lange Wochenendausfahrt beispielsweise – reichen erstmal vollkommen aus. Der Körper soll sich ja langsam an die neue Belastung gewöhnen. Entsprechend wichtig ist die Regeneration zwischen den Belastungen. 3. Wer schnell fahren will, sollte zuerst lange fahren können. Anders gesagt: Bevor die Geschwindigkeit zunimmt, werden zunächst die Distanzen länger.

Das Material

Der Rennrad-Markt wird immer unübersichtlicher. Neue Kategorien, neue Trends, elektronisch oder mechanisch schalten, mit Scheiben oder auf den Felgen bremsen – die Optionen werden immer mehr. Selbst die „Klassen“, in die man Rennräder einteilen kann, sind nicht völlig klar. Ein Versuch: 

Race: Diese Rennräder sind vor allem für eines konzipiert: das Schnellfahren. „Unterkategorien“ davon gehen aber in völlig verschiedene Richtungen. So gibt es auf der einen Seite des Spektrums Leichtgewichte, Rennräder, die etwa nur rund sechs Kilogramm wiegen und oft bei Radmarathons in den Alpen eingesetzt werden. Auf der anderen Seite rangieren die Aero-Rennräder, die vor allem durch spezielle, dem Wind eine möglichst geringe Angriffsfläche bietende Rohrformen und eine große Systemintegration auffallen.

Allrounder: In diese Kategorie fallen die meisten „Einsteiger“-Rennräder der 1000-Euro-Klasse. Deren Geometrie ist in der Regel ausgewogen, nicht zu sportlich-gestreckt. 

Komfort: Dieser Räder laufen auch oft unter der Bezeichnung „Marathon“, sie sind vorrangig für lange Strecken ausgelegt. Ihre Geometrie ist im Vergleich zu den Wettkampfrädern deutlich entschärft, und damit in der Regel aufrechter. 

Gravel: Dies ist eine noch junge Rennradgattung und, überspitzt formuliert, ein Zwitter aus einem komfortorientierten Rennrad und einem geländegängigen Cyclocross-Rad. Wie der Name schon sagt, ist ein Gravelracer für Fahrten auf Schotter- und Feldwegen ausgelegt. Sein extrem großer Einsatzbereich und die recht aufrechte Sitzposition machen ihn für viele Rennradeinsteiger und Pendler interessant. Wobei ähnliches auch für Cyclocrosser gilt. 

 

Komponenten

Shimano Sram oder Campagnolo? Geht es um Schaltgruppen, wird es oft ideologisch. Funktionell sind sie alle gut. Optik, Haptik, Schaltgeschwindigkeit oder Bremspower – das sind die Unterschiede. Und natürlich der Kostenfaktor. An den günstigeren Rädern dominiert oft Shimanos 105er Gruppe, die in Sachen Preis-Leistung auch absolut empfehlenswert ist. Eine Stufe darüber, meist ab Rädern der 2000-Euro-Klasse und darüber, wird vor allem die Ultegra-Gruppe verbaut. Hier hat Campagnolo in 2016 einen neuen Konkurrenten auf den Markt gebracht: die Potenza. In unseren Tests konnte der Neuling voll überzeugen. Die weiteren Optionen sind: mechanische oder elektronische Schaltung? Felgen- oder Scheibenbremsen? Ersteres ist jeweils günstiger. Scheibenbremsen sind nicht nachrüstbar, sie haben in der Regel besonders bei Nässe bessere Bremseigenschaften, sind aber schwerer und erfordern einen höheren Wartungsaufwand. Schwere Fahrer sollten darauf achten, dass die Scheiben größer als 140 Millimeter sind.

Übersetzung

Entscheidend kann die Wahl der Übersetzungsbandbreite sein. Einst war der Standard: 53 und 39 Zähne vorne, 11 bis 23 oder 25 hinten. Diese Variante ist heute noch im Rennsport verbreitet. Bei normalen Rädern werden dagegen die Kompakt-, 50/34, und die Semi-Kompaktvariante, 52/36, immer beliebter. Gerade für Einsteiger ergeben diese auch mehr Sinn. Wer als Neuling im Hochgebirge unterwegs ist, sollte in der Regel auf eine Kompaktkurbel und eine Kassette mit einem 28er, 30er oder gar 32er Ritzel setzen. 

Kleidung

Für Rennradeinsteiger geht es im Normalfall erst einmal nicht um Trends, sondern um einen Basis-Ausstattung – und die ist relativ klar. Zumindest für die Sommersaison: Helm, Radschuhe, Sonnenbrille, Socken, Funktionsunterhemd, Trägerhose, Trikot, Windweste, Regenjacke, Armlinge, Beinlinge, Radhandschuhe. Damit deckt man einen sehr weiten Wetter- und Temperaturbereich ab. Ein Tipp am Rande: Sonder- und Nach-Saison-Verkäufe sowie Kollektionswechsel bieten tolle Gelegenheiten, um Schnäppchen zu machen. Kleidung, Farben, Schnitte - das ist das eine. Doch wirklich entscheidend sind andere Anschaffungen. Ganz wichtig sind etwa die Verbindungsstellen zwischen Mensch und Maschine: die Kombination von Radschuh und Klickpedal sowie der Sattel. Hier sollte eher nicht gespart werden. Und vor dem Kauf gilt generell: Ausprobieren.

 

Spar-Tipps

Viele Hersteller bieten im Herbst oder Winter hohe Rabatte auf Auslaufmodelle oder Restposten. Dies betrifft zum Beispiel den Versender Canyon. Bei den Accessoire-Firmen sind die Franzosen von Ekoi sehr häufig in der Kategorie Preis-Leistung weit vorne. Auf deren Homepage laufen fast ständig Rabattaktionen, so dass oft Radschuhe und Helme für deutlich unter 100, Trikots für unter 30 oder lange Handschuhe für unter 20 Euro angeboten werden. Natürlich bieten auch Discounter wie Lidl und Aldi ab und an Radkleidung und Accessoires an. Hier kommt es auf den Einzelfall an, nicht alle Produkte sind empfehlenswert.

 

Quelle: 

Text: Andreas Regler; Fotos: Amann, Schels

News: 

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Christoph Strassers neuer Weltrekord durch Australien

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25.07.2017

Christoph Strassers neuer Weltrekord durch Australien

Fast 4000 Kilometer mit dem Rennrad, quer durch Australien, fast ohne Pause – in sechs Tagen und elf Stunden: Das sind die Zahlen zu Christoph Strassers neuestem Weltrekord. Doch diese Fahrt brachte so viel mehr: Erlebnisse, Erfahrungen, Emotionen. 

 

Ein leises gleichmäßiges Surren begleitet das Gespräch. Das Geräusch einer Kette, die Ritzel bewegt. Christoph Strasser trainiert auf dem Ergometer. Vor genau zwei Wochen fuhr er noch auf dunklem Asphalt, auf der linken Straßenseite, am anderen Ende der Welt – einmal quer durch Australien, knapp sechseinhalb Tage, fast ohne Pause.

Die ersten Fragen drehen sich um ein zum Rollen-Training passendes Thema: Monotonie. Australien ist zu größten Teilen ein flacher, karger, heißer, kaum besiedelter Kontinent. Ein weites leeres Land. Fast 4000 Kilometer lang hat es gedauert, es zu durchqueren – von einer Küste zur anderen.

 

„Das Wort monoton ist eigentlich untertrieben, es ist nicht stark genug. Von den 3950 Kilometern sahen 3700 komplett gleich aus. Mal sind die Bäumchen zwei Meter hoch, mal drei. Mal sieht man alle 50 Meter einen Termitenhügel, mal alle 100. Die einzige psychische Strategie, die einem da bleibt, ist, sich immer nur auf die aktuelle Gerade zu konzentrieren.“

 

Gegen die Hitze – und gegen sich selbst

 

Die Straßen sind meist endlos, ohne Kurven, eine schnurgerade schwarze Linie, die im Horizont verschwindet. Am 10. Januar um 14 Uhr steigt Christoph Strasser in Perth, an der Westküste, auf sein Fahrrad. Am 17. Januar um 3:58 Uhr nachts kommt er vor dem Opernhaus in Sydney an. Am anderen Ende des Kontinents. Den Start am Mittag hat er mit Bedacht gewählt. Denn um diese Tageszeit weht ein starker Wind vom Meer landeinwärts. Er hat sich selbst Rückenwind besorgt – für die ersten 100 Kilometer seiner Tour. Nein, es ist keine Tour. Es ist ein Rennen. Eines ohne physischen Gegner – außer der Natur. Ein Rennen gegen sich selbst. Ein Kampf des Willens, ein Kampf gegen sich selbst.

An den ersten beiden Tagen ist die Luft 40, 41, 42 Grad heiß. Die Sonne heizt den Asphalt auf, der von unten die Hitze an den Radfahrer weitergibt. Der Tagtraum der ersten 1000 Kilometer: Wieder in Österreich, nackt im Schnee liegen. Seine Begleiter haben eine große Sprühpumpe, wie sie in Gärtnereien und der Landwirtschaft eingesetzt wird, umfunktioniert. Einer hängt aus dem Fenster des nebenher fahrenden Minivans, pumpt – und sorgt für einen Mini-Regenschauer über dem Radfahrer. Am Zeitfahrauflieger des Rades ist eine kleinere Version der Apparatur befestigt. Eine kalte Dusche, zumindest fürs Gesicht. Am dritten Tag: Regen. Wie aus Kübeln.

 

„Das ist immer noch besser als die Hitze. Ich weiß von früheren Versuchen, dass es nichts bringt in der Sauna auf der Rolle zu trainieren – außer Stress für das Immunsystem und schöne Pressefotos. Nur zwei Dinge bringen was: Akklimatisation und Kühlung. Ich hatte zehn Tage, um mich an das Klima zu gewöhnen und ich hatte eine Kühlweste und Handgelenksmanschetten, die meine Begleiter aus dem Gefrierfach des Campers holten, wenn es nicht mehr anders ging. Aber, was man auch klar sagen muss: Bleibt es sieben Tage lang so heiß wie an den ersten beiden, denke ich nicht, dass man ins Ziel kommt. Wobei mir drei andere Faktoren noch mehr Probleme gemacht haben als die Hitze: Der Schlafentzug – den spürt man jeden Tag mehr. Der Verkehr – man fährt ja auf der linken, der falschen Straßenseite, teilweise über Autobahnen, weil es sonst keine Wege gibt, man wird dauernd von Roadtrains, riesigen teils 40 Meter langen LKW-Gespannen überholt, man hat Angst. Die Motivation – weil niemand anderes da ist, niemand sitzt einem im Nacken, es gibt niemanden, den man einholen kann, es gibt nur mich und das Outback.“

 

Doch die Australier sind Australier – das heißt, sie verhalten sich klischeegemäß: freundlich, offen, herzlich, rücksichtsvoll. Das gilt auch und besonders für die LKW-Fahrer. Christoph Strasser erlebt keinen einzigen extrem gefährlichen Moment im Straßenverkehr. Zumindest keinen, für den man einen Autofahrer verantwortlich machen könnte. Sondern solche, für die sein vom Schlafmangel benebelter Geist verantwortlich ist. Als er zum ersten Mal vom Rad steigt, sind 36 Stunden vergangen. Pause, im Begleit-Wohnmobil, zehn Minuten Schlaf, ein Powernap. Die erste richtige Pause: nach 48 Stunden. 60 Minuten Schlaf. Sein Rhythmus für die nächsten Tage: zehn Minuten Powernap am Tag, 50 Minuten Schlaf in der Nacht.

 

Weniger Training

 

Die Idee zu der Fahrt durch Australien ist einige Jahre alt. Doch erst im Oktober 2015 wurde daraus ein Plan. Nach einem Trainingsunfall, nach einer Schulter-Operation, nachdem klar war, dass er im nächsten Jahr nicht beim Race Across America würde starten können. Doch das Training blieb, wie es in den Jahren zuvor war.

 

„Ich fahre nicht mehr überlang, keine Zehn- oder Zwölf-Stunden-Einheiten wie früher. Bei mir sind es inzwischen maximal sechs. Dafür sind die intensiver. Neu war, dass ich noch mehr lange Einheiten auf dem Ergometer fahren musste. Sonst war ich ja noch nie so früh im Jahr, im Winter, so gut in Form. Aber das ist kein Problem für mich, weil ich auf der Rolle viel am Laptop arbeite. Und im November war auch noch die 24-Stunden-Weltmeisterschaft. Letzten Endes kam ich im Durchschnitt auf etwa 25 Stunden Training pro Woche. Viel weniger als früher.“

 

Christoph Strasser ernährt sich seit sechs Jahren nach seiner eigenen Interpretation der Paleo-Diät. Also fast ohne Brot, Weizen- und Milchprodukte. Dafür mit Fleisch, Gemüse, Kräutern, Hirse, Süßkartoffeln. Er tut dies nicht, um schneller Rad zu fahren, sondern um gesünder zu sein, für eine bessere Verdauung – und damit ein stärkeres Immunsystem. In einer normalen Woche trainiert er zweimal ohne Frühstück – Nüchterntraining, um den Fettstoffwechsel zu fördern. Mit dem in einer Reha-Phase begonnenen Krafttraining hat er gegen den Rat seines Trainers wieder aufgehört. Er hat den Signalen seines Körpers vertraut. Die Belastung war zu groß. Stabilisationsübungen für den Oberkörper gehören aber weiterhin zu seinem Standard-Trainingsprogramm.

Auch in Australien ernährt er sich wie bei all seinen Extrem-Fahrten: flüssig. Ensure heißt die Konzentrat-Nahrung aus Kohlenhydraten, Proteinen, Mineralien. Die kleinen Tetrapacks bekommt man in Apotheken, in fast allen Ländern des Planeten. Christoph Strasser trinkt etliche davon, immer auf dem Rad, bis zu 13.000 Kalorien pro Tag. In die Trinkflaschen kommt immer dasselbe: Wasser mit einem Kohlenhydrat-Elektrolytpulver. Strasser trinkt bis zu 30 Liter pro Tag. Am vierten Tag regnet es noch leicht, am fünften und sechsten ist es bewölkt, 27, 28, 29, 30 Grad. Trotzdem kommt das große Tief erst nach der Hitze. Sein Tief.

 

„Ab der Hälfte der Strecke war klar, dass wir den Rekord holen werden. Aber unser internes Ziel war nicht nur den Rekord zu brechen, sondern nach sechs Tagen und zwölf Stunden im Ziel zu sein. Nach vier Tagen lag ich schon weit hinter unserem Plan: Der sah vor, jeden Tag 600 Kilometer zu fahren. Am ersten Tag kam ich auf 750 Kilometer, am zweiten auf 620, aber dann ging es rapide bergab. Das lag vor allem am starken Gegen- und Seitenwind – und an meiner Psyche. Ich hatte einen moralischen Knick. Das kenne ich schon von mir, das passiert bei fast jeder langen Fahrt. Ich bin immer wieder aus dem Loch rausgekommen. Indem ich mir selbst sage: Es gibt doch keine Alternative. Je langsamer du fährst, desto länger musst du auf diesem Rad sitzen, desto länger bist du dem Wetter und dem Verkehr ausgeliefert, desto länger leidest du. Also geht es nur weiter, immer weiter – so schnell es geht.“

 

Kampf gegen die Müdigkeit

 

Er ist unzufrieden. Beim nächsten Powernap kann er nicht einschlafen. Nach vier Minuten steht er auf und steigt aufs Rad. Zwei Stunden später landet er im Schotterbett neben der Straße. Sekundenschlaf. Ab dem zweiten, dritten Tag kommt eh an jeder roten Ampel die Müdigkeit durch. Sie wird jeden Tag stärker. Doch er wird auch wieder stärker. Der Gegenwind lässt nach.

Der Tagtraum der Kilometer 1000 bis 3000: Schlafen, richtiger Schlaf, in einem richtigen Bett. Er ist dankbar für jede Luftwelle, die er immer spürt, wenn ihn ein LKW überholt, jedes Mal ein Moment der Wachheit, ein minimaler Schub. Alles ist besser als die Stille. Und die aus­tralische Steigerungsform der Monotonie.

 

„Bitte bitte redet mit mir. Den Satz habe ich so oft gesagt. Ohne das Funkgerät, ohne mein Team in den zwei Begleitfahrzeugen, wäre ich niemals so schnell gefahren. Ohne die Ablenkung, ohne das Reden, das Denken würde ich so etwas nicht überstehen. Ich müsste viel öfter und länger schlafen. Sie haben mit mir diskutiert, Emails vorgelesen oder Kopfrechenaufgaben gestellt. Hauptsache geistige Beschäftigung. Reden ist viel wichtiger als Musikhören. Das habe ich zwischendrin aber auch, das meistgespielte Lied war ‚Hymn for the Weekend‘ von Coldplay, etwas softes, nichts, das pusht. Bei solch langen Distanzen wäre das kontraproduktiv.“

 

Er fährt schneller, mit höheren Wattwerten als bei anderen Extrem-Rennen, etwa dem Race Across America, bei dem er auch den Rekord hält. Die Strecke ist flacher. Es gibt keine extremen Spitzenbelastungen – aber auch keine Pausen, keine Abfahrten, keine Rollphasen. Treten, immer treten. Die Kniegelenke machen weniger Probleme als sonst, die Hände mehr. Die Finger werden taub, die Handflächen schmerzen, immer. Eine Sehnenscheidenentzündung am linken Daumen. Offene, entzündete Stellen am Hintern. Er kennt das alles schon. 95 Prozent der Zeit sitzt er auf seinem Zeitfahrrad, einem Specialized Shiv, hinten ist ein Citec-Scheibenrad aus Carbon verbaut, nur ab und zu, an den wenigen Anstiegen oder wenn der Oberkörper total verkrampft, wechselt er auf das normale Rennrad, ein Roubaix. 

Der Tagtraum der letzten 1000 Kilometer: Steak, Gemüse, Salat. Die letzten 300 Kilometer sind die schwierigsten. Es geht durch die Blue Mountains, ständig hoch und runter – auf einer Autobahn.

 

„Durch den Schlafentzug werde ich mehr und mehr orientierungslos. Ich weiß nicht, wo ich bin, wohin ich muss und frage mich, was ich auf einem Highway mache. Die weißen Seitenstreifen sehen für mich wie zehn Zentimeter hohe Bordsteine aus. Ich habe total Angst, sie zu berühren, weil ich dann stürze. 50 Kilometer vor dem Ziel beginnen schon die Vororte von Sydney. Verkehr, Ampeln, Kreisverkehre. Selbst jetzt denke ich nie ans Ziel, sondern immer nur daran, den nächsten Kilometer zu überstehen. Irgendwann sehe ich dann das Meer. Die Oper erkenne ich erst, als ich direkt davor stehe. Sie ist nicht beleuchtet, wir sind vor dem Hintereingang. Die Jungs meines Begleitteams kommen zu mir – nach fünf Minuten aber auch ein paar Security-Männer, die uns vertreiben, weil wir zu laut sind. Ich werde ins Wohnmobil verfrachtet und schlafe zwei Stunden. Das war meine Ankunft.“

 

Motivation

 

Seine erste Mahlzeit, die erste feste Nahrung nach mehr als sechs Tagen: ein riesiger Burger. Danach geht es ins Hotel. Dort schläft er vier Stunden lang. Das war es, vorerst. Die richtige, die wahre, tiefe Müdigkeit kommt erst nach einer Woche. Vorher kommen die Umstellungen des Körpers, die Schweißausbrüche im Bett, die Knieschmerzen, die Gleichgewichtsprobleme beim Gehen. Er ist daran gewöhnt. Christoph Strasser hat im Extrem-Radsport alles gewonnen. Er hält zwei Welt- und etliche Streckenrekorde. Was treibt ihn jetzt noch an?

 

„Warum hat Roger Federer im Januar die Australian Open gewonnen? Der ist 35, er hat vier Kinder und so viele große Siege. Viele fallen in ein mentales Loch, wenn sie ein großes Ziel erreicht haben. Andere aber nicht. Ich bin so priviligiert. Ich habe das riesige Glück, mein Hobby zum Beruf zu haben. Siege haben für mich fast keine Bedeutung. Es ist die Freude am Sport. Ich liebe es Rad zu fahren. Das ist meine Triebfeder. Mir geht es um Erlebnisse. Dazu gehört es, den Verlockungen des normalen Wohlstandslebens zu widerstehen: Ausgehen, auf der Couch zu sitzen, faul zu werden. Die sechs bis acht Tage Ausnahmezustand wie in Australien gehören dazu, die nehme ich in Kauf. Das ist aber nicht mein Antrieb. Mein Antrieb ist das Jahr davor.“ //

 

Trainings-Beispiele

  • Sweetspot: Gesamtdauer fünf Stunden. Erst vier Stunden im Grundlagenbereich (GA1), dann drei Intervalle à zehn Minuten am Sweetspot.*
  • Einbeinig: Abwechselnd je 30 Sekunden nur mit dem linken, dann nur mit dem rechten Bein treten. Trittfrequenz: 90 bis 100. Hochintensiv. Alle zehn Minuten ein Intervall. Gesamtdauer der Trainings- einheit: sechs Stunden.
  • K3: Kraftbasiertes Training auf dem Rad. Sechs Mal sechs Minuten (später vier Mal zehn) mit niedriger Trittfrequenz an der FTP-Schwelle.**
  • Autogenes Training: Es kann helfen, sich lange zu fokussieren. Christoph Strasser hat damit zudem gelernt, sehr schnell einzuschlafen.

* Der Sweetspot liegt zwischen 88 und 93 Prozent der Maximalleistung sowie zwischen 75 und 83 Prozent der maximalen Herzfrequenz.
** Die FTP (Functional Threshold Power) ist definiert als die durchschnittliche Leistung, die ein Radfahrer über eine Stunde maximal erbringen kann. 

 

Der Athlet

Christoph Strasser ist 34 Jahre alt und lebt in Graz. Er arbeitete einst als Radkurier. Im Alter von 18 begann er mit dem Radsport. 2002 nahm er an seinem ersten 24-Stunden-Rennen teil. 2011, mit 28 Jahren, gewann er zum ersten Mal das 4800 Kilometer lange Race Across America. Im November 2016 wurde er Weltmeister im 24-Stunden-Fahren. An einem Tag und in einer Nacht fuhr er 886 Kilometer weit. Nach seinem Weltrekord durch Australien blieb er noch fünf Tage lang dort, um sich zu erholen, am Bondi Beach. Nach zwei Wochen Regeneration begann er den Formaufbau für das nächste Projekt: Sein vierter Sieg beim Race Across America durch die USA. Start: 13. Juni. Genau vier Monate später, am 13. Oktober, will er auf der Radrennbahn im Schweizer Grenchen den 24-Stunden-Weltrekord für die meisten Kilometer auf der Bahn brechen. Weitere Informationen zu Christoph Strasser: www.christophstrasser.at 

 

Das Projekt zuvor: Weltmeister Christoph Strassers 24-Stunden von Kalifornien

  • 24 Stunden — 886 Kilometer — 37,18 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
  • Im November 2016 gewann Christoph Strasser die 24-Stun- den-Weltmeisterschaft in der kalifornischen Hitze. Wir haben seine Leistungsdaten.
  • Durchschnittswatt (NP): 256 Durchschnittswatt (avg): 241
  • Die schnellsten 90 Minuten: zwischen 5:00 und 6:30 Stunden Fahrzeit — mit 300 Watt
  • Die schwächste Phase: von 17 bis 23 Stunden — 190 Watt
  • Watt pro Kilogramm Körpergewicht: 3,3 

 

Der Weltrekord in Zahlen

  • Gewichtsverlust: 3 Kilogramm
  • Geringste Kalorienzufuhr am Tag: 8000
  • Höchste Kalorienzufuhr am Tag: 13.000
  • Höchste Temperatur: 43 Grad
  • Niedrigste Temperatur: 12 Grad
  • Geringste Flüssigkeits- zufuhr am Tag: 15 Liter
  • Höchste Flüssigkeitszu- fuhr am Tag: 30 Liter
  • Durchschnittliche Watt- leistung am ersten Tag: 220
  • Durchschnittliche Watt- leistung am zweiten Tag: 200
  • Durchschnittliche Tritt- frequenz am ersten Tag: 86
  • Durchschnittliche Tritt- frequenz am letzten Tag: 72
  • Höchste Zahl der an einem Tag gefahrenen Kilometer: 750 (Strecke München-Hamburg)
  • Zahl der Trainingsstunden im Jahr 2016: 790

 

 

Quelle: 

Text: David Binnig; Fotos: Manuel Hausdorfer/Limeart

News: 

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Extrem-Radsport: Nadja Prieling - in zehn Tagen zehnmal die Strecke des Ötztaler Radmarathons

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02.08.2017

Extrem-Radsport: Nadja Prieling - in zehn Tagen zehnmal die Strecke des Ötztaler Radmarathons

238 Kilometer und 5500 Höhenmeter – dies ist die Strecke des Ötztaler Radmarathons. Nadja Prieling ist sie an zehn Tagen zehnmal gefahren. Über Motive, mentale Stärke und Schmerzen. 
 

Fünfmal die Ötztaler-Strecke zu fahren, würde auch reichen, hat Mutter Prieling zu ihrer Tochter gesagt. Doch das war Nadja Prieling nicht genug. 238 Kilometer und 5500 Höhenmeter stellt einem der Ötztaler Radmarathon in den Weg. Ihn einmal zu bewältigen, ist der große Traum vieler Rennradfahrer. Ihn an zehn Tagen zehnmal hintereinander zu bewältigen, war der Traum von Nadja Prieling. 

Start in Sölden, 1200 Höhenmeter hinauf aufs Kühtai, 777 Höhenmeter zum Brenner, 1130 Höhenmeter am Jaufenpass und zum Abschluss noch einmal 1759 Höhenmeter und 28,7 Kilometer von Sankt Leonhard aufs Timmelsjoch. Der Ötztaler ist die inoffizielle Weltmeisterschaft der Radmarathonfahrer. Doch was ist schon eine Weltmeisterschaft gegen einen Weltrekord. Nadja Prieling will nicht wieder Zweite beim Ötztaler werden. Zweimal, 2013 und 2015, stand die 34-jährige Tirolerin schon auf der zweithöchsten Stufe des Siegerpodests. Den Traum vom Gewinnen tauscht sie 2016 gegen den Traum eines neuen Rekords. 

Von der Idee zum Rekord

2014 hat der österreichische Extremradsportler Wolfgang Mader dasselbe probiert – und ist gescheitert. Am Wetter, den Schmerzen, aber vor allem an den 55.000 Höhenmetern und 2380 Kilometern in zehn Tagen. Nadja Prieling trifft Mader im Herbst 2015 und fragt ihn, ob sie sein Projekt aufgreifen darf. Sie will es zu ihrem machen. Mader willigt ein und sagt ihr seine Unterstützung zu. Noch im selben Herbst beginnen die ersten Vorbereitungen – das Training, aber vor allem die Suche nach Sponsoren für dieses Projekt. Sie nennt es „Ötztaler 9+1“. Neunmal will sie die Strecke hintereinander fahren. Das zehnte und letzte Mal dann am Ötztaler-Renntag. „Des is a verrückte Henne“, sagen einige ihrer Freunde und Kollegen. „Ich sehe das als Kompliment“, meint die Kitzbühelerin, „ich weiß, was ich meinem Körper zutrauen kann. Das unglaubliche Zusammenspiel von Kopf und Körper reizt mich ungemein.“ Ihre Familie, ihre Freunde sprechen ihr Mut zu und motivieren sie. 

„Ich selbst war zu 100 Prozent davon überzeugt, dass ich es schaffe. Der Kopf spielt eine ganz entscheidende Rolle. Ich denke, dass viele Radsportler physisch mein Projekt schaffen könnten, aber an der Psyche scheitern. Es ist der Grund, weshalb viele erst gar nicht auf die Idee eines solchen Projekts kommen. Wenn du dir es nicht vorstellen kannst, dann kann es auch nicht funktionieren. Ich glaube, dass zu 60 Prozent der Kopf entscheidet. Und natürlich das Umfeld. Man muss jeden Tag aufs Neue aufstehen und sich wieder aufs Rad setzen – die Strecke einfach fahren. Ich war im Kopf schon immer stark. Ich vertraue mir, fahre mein Rennen und lasse mich nicht verunsichern. Ich vertraue stark auf die Fähigkeiten, die ich habe.“

Die Vorbereitung 

Ihre mentale Stärke bringt Nadja Prieling auch im anstrengenden Trainingsalltag weiter. Sie vertraut auf Mentaltraining, nutzt die Visualisierung ihrer Ziele, um den Kopf auf die anstehenden Höchstleistungen vorzubereiten. Knapp ein Jahr dauert die Vorbereitung für das Projekt „Ötztaler 9+1“. Im Winter schuftet sie im Kraftraum, geht Skitouren oder nutzt das Skilanglaufen. Ihr Rennrad rührt sie zu dieser Zeit kaum an. Das Rollentraining beschränkt sie auf eine Stunde pro Woche. Ab Januar erhöht sie das Grundlagentraining, legt ihre Kilometer aber zu 90 Prozent weiter auf Skiern zurück. Krafttraining und Klettern in der Halle nutzt sie, um die Rumpfstabilität zu steigern und an der Maximalkraft zu arbeiten. Erst ab Mitte März beginnt ihre „wahre“ Radsaison. Ein Trainingslager in den Wintermonaten plant sie nie. Wenn dann fliegt sie spontan für ein paar Tage gen Süden. Bisher ging es immer ohne. Sie bleibt lieber daheim in den Tiroler Alpen. Kitzbühel statt Costa Blanca. Zur unmittelbaren Wettkampf-Vorbereitung fährt sie im Juli in ein dreiwöchiges Höhentrainingslager nach Livigno. Essen, Trainieren, Schlafen und wieder von vorne. 21 Tage lang ist dies ihr Tagesablauf.

„Grundsätzlich trainiere ich alleine. Ich genieße es, mich nur aufs Radfahren zu konzentrieren. Ich kann meinen Tagesablauf so gestalten, wie ich will. An einem normalen Trainingstag fahre ich zwischen 130 bis 180 Kilometer und rund 4000 Höhenmeter. Mein Training steuere ich selbst. Ich habe einen groben Plan, bin aber auch eine große ‚Gefühl-Trainiererin‘. Gegen das wattgesteuerte Training habe ich mich lange gewehrt und erst 2016 ausprobiert. Natürlich ist das interessant. Aber am liebsten verlasse ich mich auf mein Gefühl. In den letzten Wochen vor dem Ötztaler habe ich mein Trainingspensum deutlich zurückgeschraubt. Im Prinzip habe ich nicht viel anders gemacht als die Jahre zuvor, außer die extrem harten Trainingseinheiten durch extrem lange Trainingseinheiten zu tauschen.“

Zwischen 10.000 und 15.000 Kilometer fährt Nadja Prieling jährlich auf ihrem Rennrad. Rund 200.000 Höhenmeter kommen dabei zusammen. 2016 hat sie bis August rund 150.000 Höhenmeter gesammelt. Der Ötztaler Radmarathon fasziniert sie schon lange. Ihre Bestzeit steht bei knapp über acht Stunden. Siebenmal ist sie bereits mitgefahren. Oft ist sie Zweite geworden. Zu oft. „Ötztaler 9+1“ war daher auch ein sehr persönliches Projekt – weg vom Gedanken, endlich gewinnen zu müssen. Abstand gewinnen von diesem Ziel und neue Erfahrungen sammeln. Am 19. August 2016 startet sie mit einem Team aus Familie, Freunden und Physiotherapeuten ihren Rekordversuch. Ihre Betreuer begleiten sie in einem Wagen. Sie reichen Verpflegung, sie helfen bei Defekten – und bei nachlassender Motivation. Alle hoffen auf gutes Wetter, gute Beine und gute Laune. Als sie um 6:15 Uhr in Sölden los fahren, geht gerade die Sonne auf und verdrängt eine sternenklare Nacht.

„Nach den ersten drei Tagen hatte ich das Gefühl, dass wirklich alles funktioniert und ich mich tatsächlich nur aufs Radfahren konzentrieren konnte. Das Beeindruckendste für mich war der Zusammenhalt im Team. Es gab in den zehn Tagen keine gröberen Zwischenfälle. Irgendwann hatte ich kein Zeitgefühl mehr. Nur noch jeden Tag aufs Neue die Strecke zu absolvieren. Wir hatten extremes Glück mit dem Wetter. Das war vielleicht mitentscheidend, dass alles so reibungslos klappte.“ 

Im Durchschnitt verbringt Nadja Prieling rund zehneinhalb Stunden täglich auf dem Rad. Kühtai, Brenner, Jaufenpass und Timmelsjoch. Tagein, tagaus. Immer und immer wieder. Nach den Zielankünften muss alles sehr schnell gehen. Die Energiespeicher müssen wieder gefüllt werden. Es gibt große Portionen Nudeln für Prieling – jeden Tag. Die Kitzbühelerin hat das Glück, dass sie in Ernährungsfragen unkompliziert bis undogmatisch ist. Sie ist weder Vegetarierin noch Veganerin, von speziellen Diäten hält sie nichts. Während der Fahrt reichen ihr die Begleiter Brötchen mit Schinken, Bananen und Äpfel. Ab und zu gibt es zwischendurch auch ein Stück Kuchen. Hauptsache viele Kohlenhydrate – und, was heute fast schon ungewöhnlich ist: Hauptsache es schmeckt. 

Schock und Triumph

Bis zum vorletzten Tag klappt alles reibungslos. Einen Leistungseinbruch hat sie nie. Prieling tritt ihren Rhythmus, spricht unterwegs mit ihren Begleitern und hat zwischendurch sogar Zeit für Fotos. Siebenmal hat sie die 238 Kilometer und 5500 Höhenmeter schon absolviert, als sich am achten Tag ihre Achillessehne meldet: mit Schmerzen, die sie bei jeder Pedalumdrehung spürt. Sie muss anhalten, absteigen, warten. Minuten der Verzweiflung. Die Physiotherapeuten im Team drücken und kneten und tapen. Angst vorm Scheitern hat sie nicht. Ans Aufhören denkt sie nie. Von Pannen und Stürzen ist sie während der acht Tage im Sattel verschont geblieben. Nur einmal geraten die anderen Rennradfahrer, die sie einen Teil des langen langen Weges begleiten, in eine brenzlige Situation: Als am Jaufenpass ein Auto in die Gruppe fährt. Die Radfahrer stürzen. Am schlimmsten trifft es Ottmar Peer, den Sprecher des Ötztaler Radmarathons. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er sie begleitet. Jetzt wird er mit einem Brustwirbelbruch abtransportiert. Nach dem ersten Schock und einer kurzen Pause fährt Nadja Prieling weiter.

Dann kommt der 28. August: Für 4000 Teilnehmer ist der Ötztaler Radmarathon der Höhepunkt des Jahres. Sie haben alles auf diesen einen Tag ausgerichtet. Für Nadja Prieling ist es der zehnte Ötztaler am zehnten Tag hintereinander. Als der Startschuss fällt, hat sie schon 2142 Kilometer und 49.500 Höhenmeter in den Beinen. Sie ist nervös, hat Respekt und auch etwas Furcht vor dem Geräusch, wenn Carbon auf Asphalt trifft. Gerade die ersten Kilometer des Ötztalers sind gefährlich. Die große anonyme Masse drängt aus Sölden hinaus – auf der Abfahrt nach Oetz. Hier passieren die meisten Stürze – oft aus Unachtsamkeit und Unerfahrenheit. 

Nadja Prieling fährt in der Mitte des zerstreuten „Frauenfeldes“ – trotz der enormen Vorbelastung, trotz der müden Muskeln. Gegen die Ötztaler-Siegerin Laila Orenos (die wir in der RennRad 1/2_2017 portraitierten) reicht es erwartungsgemäß nicht. Das war auch nicht ihr Ziel. Nicht in diesem Jahr. Der Ziel war der Rekord: Ötztaler 9+1. Nach zehn Stunden und 33 Minuten überquert sie die Ziellinie in Sölden, zum zehnten Mal – auf Platz 78. des Damen-Klassements. 

„Die Zieldurchfahrt war der absolute Wahnsinn: Eine unbändige Freude. Ich war so stolz auf mich und mein Team, darauf, dass wir diesen Rekord geschafft haben. Etwas geschafft zu haben, was noch keiner vorher geschafft hat. Das werde ich nie vergessen. Realisiert habe ich die Dimension erst später. Auch wenn es viele nicht glauben: Die zehn Tage waren tatsächlich ein Genuss, keine Quälerei. Ich musste nicht, ich wollte unbedingt den Rekord holen. Ich habe mich unglaublich schnell wieder von den Strapazen erholt. Schon zwei Wochen später bin ich wieder Rennen gefahren.“

Nadja Prieling genießt die Wochen nach ihrem Rekord. Sie hält Vorträge und berichtet über ihr Projekt „Ötztaler 9+1“. Warum sie diese Strapazen auf sich genommen hat, fragen viele Zuschauer. Viele glauben an eine verlorene Wette. Nadja Prieling aber hat keine Wette verloren, sie hat einen Rekord gewonnen. Ihren Traum vom Ötztaler-Sieg will sie weiter träumen. „Ich habe noch eine Rechnung offen“, sagt sie, „im Vordergrund steht jetzt nicht noch länger zu fahren, sondern schneller zu werden. Mein Traum ist es einmal im Leben den Ötztaler Radmarathon zu gewinnen.“ //

 

Die Athletin

Nadja Prieling ist 34 Jahre alt und lebt in Reith bei Kitzbühel. Sie arbeitet als Diplom-Shiatsu-Praktikerin in ihrer eigenen Praxis. 2013 und 2015 wurde sie jeweils Zweite beim berühmten Ötztaler Radmarathon. Ihre Bestzeit dort: acht Stunden und zwei Minuten (2015). Während ihres Rekordversuchs fuhr sie die Ötztaler-Runde im Durchschnitt in zehn Stunden und 30 Minuten. Die schnellste Runde legte sie in neun Stunden und 56 Minuten zurück, die langsamste aufgrund von Achillessehnenproblemen am neunten Tag in elf Stunden und 53 Minuten. Prieling nimmt an Radmarathons und Mehretappenrennen in ganz Europa teil. Dafür fährt sie zwischen 10.000 bis 15.000 Trainingskilometer jährlich und legt dabei bis zu 200.000 Höhenmeter zurück. Ihr großes Ziel ist es, einmal den „Ötztaler“ zu gewinnen. 

Ihr Training 

Nach jeder Rennsaison gönnt sich Nadja Prieling acht Wochen Pause, bevor sie Mitte November wieder mit dem Training für die nächste Saison beginnt. Im Winter setzt sie auf Abwechslung: Skitouren und Langlaufen sowie Rollentraining von maximal einer Stunde pro Woche. Klettern in der Halle nutzt sie als Rumpfstabilitätstraining. Zusätzlich feilt sie im Kraftraum an ihrer Maximalkraft. Erst Mitte März sitzt Prieling wieder verstärkt auf ihrem Rennrad. Zur Vorbereitung auf den Ötztaler Radmarathon absolviert sie regelmäßig ein dreiwöchiges Höhentrainingslager in Livigno. An einem durchschnittlichen Trainingstag fährt sie dort zwischen 130 und 180 Kilometer mit rund 4000 Höhenmetern. 

Mehr Infos zu Nadja Prieling: www.roadbike-extrem.at

 

Die Strecke des Ötztaler Radmarathons

Sölden (1.377 Meter) – Längenfeld – Umhausen – Oetz (820) – Kühtai (2.020) – Kematen (610) – Völs – Innsbruck (600) — Sonnenburgerhof – Schönberg – Matrei am Brenner – Steinach am Brenner – Gries am Brenner – Brenner (1.377) – Sterzing – Jaufenpass (2.090) – St. Leonhard im Passeiertal – Timmelsjoch (2.509) – Sölden (1.377 Meter über dem Meer)

Der Ötztaler Radmarathon ist der wohl bekannteste Radmarathon im Alpenraum. Jährlich bewerben sich rund 20.000 Sportler für die 4000 Teilnehmerplätze. Die Strecke ist 238 Kilometer lang und hat 5500 Höhenmeter. Sie steigt auf knapp 100 von 238 Kilometern an. Das Gros des Teilnehmerfeldes bewältigt den Radmarathon in neun oder mehr Stunden. 

Mehr Infos zum Event: www.oetztaler-radmarathon.de

Quelle: 

Text: Daniel Götz; Fotos: Sportograf, privat

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Tandem des Lebens

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02.08.2017

Tandem des Lebens

Plötzlich blind – das ist eine Horrorvorstellung. Für Tim Kleinwächter wurde der Albtraum im August 2006 Realität. Statt aufzugeben kämpfte sich der 27-Jährige zurück ins Leben. Heute ist er einer der besten deutschen Tandem-Radsportler – und hat große Ziele.

 

Es ist das wichtigste Rennen ihres Lebens. Zwei Männer auf einem Tandem, ihre Beine bewegen sich im Takt, sie ringen nach Luft – voll am Anschlag. Dies ist das Weltmeisterschaftsrennen. Es geht um alles. Sie haben sich nach und nach weiter nach vorne gearbeitet. Bis zu jener einen Abfahrt. Eine lange steile Gerade, 85 km/h, dann eine enge Kurve, Anbremsen, ein Knall. Dann ein zweiter. Beide Schläuche sind geplatzt – und mit ihnen der Traum der beiden Männer. 

Es war der 1. August 2015, die Weltmeisterschaften im Paracycling, in Nottwil, Schweiz. Für Erik Mohs und Tim Kleinwächter war es die letzte Chance, sich für die Paralympics in Rio de Janeiro zu qualifizieren. Nach den Reifenplatzern können sie einen Sturz gerade noch vermeiden. Doch der Defekt kostet Zeit, viel Zeit. Sie kommen als 16. ins Ziel. Zu wenig, um sich für Rio zu qualifizieren. Für die meisten Sportler wäre dies ein Fiasko. Viele träumen und trainieren für dieses eine Ziel, einmal im Leben bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Tim Kleinwächter hat in Sachen Schicksalsschläge völlig andere Maßstäbe. Und er hat ganz andere Prioritäten in seinem Leben.

Schicksalstag

Der Tag, der sein Leben verändert hat, liegt damals fast auf den Tag genau neun Jahre zurück: der 6. August 2006. Tim Kleinwächter ist 17 Jahre alt. Nachts radelt er mit Freunden von einem Open Air nach Hause. Wenige hundert Meter vor seinem Elternhaus trennt sich die Gruppe. Doch Kleinwächter kommt nie zu Hause an. Als ihn sein Vater später findet, ist er nicht ansprechbar. Sein Zustand verschlechtert sich rapide. Er wird mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma in eine Spezialklinik eingeliefert. Die Diagnose: Lungenversagen, ein schwerer Bluterguss im Kopf, halbseitige Lähmung, beidseitige Sehbehinderung. Kleinwächter wacht erst knapp vier Wochen später wieder auf. Er überlebt nur, weil er an einen erfahrenen Arzt mit der richtigen Ausrüstung gerät. „Es war wie ein böser Alptraum“, beschreibt er die Zeit nach seinem Unfall. Wie der Sturz passiert ist, weiß er nicht mehr. Geblieben ist eine starke Sehbehinderung. Seine Sehkraft beträgt heute gerade einmal zwei Prozent, seine Umwelt nimmt er als unzählige grell helle und schwarze Punkte wahr. „Es ist wie ein Ameisenrennen oder ein rauschender Fernseher.“ 

Tim Kleinwächter lebt für seinen Sport. Vor dem Unfall hatte er von Tennis über Radfahren bis Angeln vieles ausprobiert. Am meisten hat ihm das Fahrradfahren gefehlt. „Das bedeutet für mich Freiheit. Das will ich nicht missen.“ Für den heute 27-jährigen Mittelfranken stand deshalb schon im Krankenhaus fest: „Ich will wieder aufs Rad.“ Er kämpft sich durch die Reha und muss motorisch alles wieder neu lernen. Knapp ein halbes Jahr nach seinem Unfall fängt er wieder an zu trainieren: Nordic Walking, Schwimmen, Laufen, Rennradfahren auf der Rolle, das Deutsche Sportabzeichen, der erste kurze Triathlon. 2013 finisht er in Frankfurt am Main in 3:38 Stunden seinen ersten Marathon – mit einem Begleitläufer an seiner Seite. Kleinwächter steigert sich Stück für Stück. Parallel absolviert er eine Ausbildung zum Masseur, medizinischen Bademeister und Physiotherapeuten. Geholfen haben ihm auf diesem Weg, „mein christlicher Glaube, Familie, Freunde und vor allem mein eiserner Wille“.

Rekorde und Ziele

Im August 2011 nimmt ihn ein Freund zum ersten Mal auf einem Renntandem mit. Kleinwächter ist infiziert. Er begreift es als Chance, trotz Sehbehinderung wieder auf der Straße Rennrad zu fahren. Über Umwege kommt er in Kontakt mit Tobias Engelmann, dem Team-Manager des deutschen Paracycling Teams. Zusammen mit dem Leipziger Ex-Profi Erik Mohs beginnt er zu trainieren. Mohs sitzt vorne als Pilot, er selbst nimmt hinten, als sogenannter „Stoker“, zu Deutsch Heizer, Platz. Schnell schaffen sie den Sprung in den Nationalkader. 2014 starten sie für Deutschland bei der Bahn-WM in Mexiko. Zwar reicht es über die 4000 Meter „nur“ zum achten Rang, dennoch verbessern sie den Deutschen Rekord um etliche Sekunden auf 4:27 Minuten. Dass sie eines, wenn nicht sogar das zu dem Zeitpunkt beste deutsche Para-Tandem sind, belegen sie in den nächsten Jahren durch zahlreiche Top-Platzierungen. Doch nach über zwei Jahren trennen sich die Wege der beiden. 

Durch Zufall kommt Tim Kleinwächter beim Challenge-Triathlon 2016 in Roth, wo er mit einem Freund als Staffelradfahrer die 180 Kilometer in 4:33 Stunden absolviert, mit dem Vorstand des Radteam Herrmann, Peter Renner, ins Gespräch. Die beiden beschließen, es auf dem Rad miteinander zu versuchen. Renner, der gerade begonnen hat als Arzt zu arbeiten und bis dahin als erfolgreicher A-Amateurfahrer aktiv war, steigt vom normalen Rennrad aufs Renntandem um. Bereits bei der ersten gemeinsamen Trainingsfahrt merkt Kleinwächter, dass es passen könnte: „Den ersten Anstieg sind wir gleich synchron im Stehen hinauf gefahren.“ Der Rhythmus passt. Die Charaktere auch. „Eigentlich bin ich ganz froh, dass ich nicht in Rio war“, sagt Tim Kleinwächter, „ansonsten hätte ich Peter wohl nie kennengelernt.“ 

Teamsport

Tandemfahren ist ein vollkommener Teamsport. Pilot und Heizer bilden eine Einheit. „Man muss absolutes Vertrauen in den Vordermann und dessen Können haben“, sagt Kleinwächter. Er ist seinem Piloten praktisch ausgeliefert. Der Sehende steuert nicht nur, er gibt auch Signale dazu, wo es als nächstes hingehen soll. Inzwischen passiert das meiste ohne Worte – intuitiv. 

Die Abstimmung zwischen den beiden Piloten ist genauso wichtig wie ihre Leistungsfähigkeit. Egal, ob beim Auf- oder Absteigen, beim Attackieren im Wettkampf, beim Kurvenfahren oder im Wiegetritt: Beide Fahrer müssen ein eingespieltes, voll synchron arbeitendes Team sein. 

„Je besser die Abstimmung, desto besser die Performance“, sagt Peter Renner. Kleinwächter und Renner harmonieren von Anfang an: Schon bei ihrem ersten gemeinsamen Rennen im Oktober 2016 holen sie den Sieg beim Europacup. Im Training ist es auch der Rausch der Geschwindigkeit, der die Tandemfahrer motiviert. Gerade im Flachen haben selbst Top-Fahrer enorme Probleme, im Windschatten dran zu bleiben. Ein Renntandem ist deutlich schneller als ein einzelner Rennradfahrer: 65 bis 70 km/h in der Ebene? Kein Problem. „Selbst beim Grundlagentraining sind 200 Kilometer mit einem Schnitt von weit mehr als 35 km/h absolut keine Seltenheit“, sagt Peter Renner.

Mehr Training

Die Vorbereitung auf die Saison 2017 läuft für das Tandem Kleinwächter-Renner bislang nach Plan. Die Form stimmt. „Ich bin fitter als vor einem Jahr“, sagt Kleinwächter. Der Trainerwechsel zu Manfred Munk und ein verändertes Training zahlen sich aus. Der 27-Jährige verlässt sich jetzt primär auf die gefahrenen Wattwerte und nicht mehr nur auf die Herzfrequenz und das Körpergefühl. Sein Trainer analysiert regelmäßig die Daten seines Powermeters. In welchen Leistungszonen er trainieren soll, wird nach den Auswertungen von Leistungsdiagnostiken festgelegt. 

Von seinen durchschnittlich rund 27.000 Radkilometern pro Jahr hat der Bad Windsheimer bereits im April mehr als 7.500 Kilometer in den Beinen. Im Winter findet der Hauptteil seines Trainings auf dem Ergometer statt: erst Grundlage, dann nach und nach mit mehr Intervallen und einem steigenden Anteil intensiverer Einheiten. Den Grundstein für die Saison legte das Tandem-Duo im Frühjahr mit einem elftägigen Trainingslager auf Mallorca, bei dem über 1600 Trainingskilometer zusammenkamen. Unmittelbar vor und während der Wettkampfsaison sorgt bei Kleinwächter ein Mix aus Rollentraining im heimischen Keller und möglichst vielen gemeinsamen Ausfahrten mit Peter Renner und anderen Fahrern für den optimalen Formaufbau. Zu den durchschnittlich fünf Radeinheiten pro Woche kommen neben einigen Stabilisationsübungen noch die eine oder andere Lauf- und Schwimmeinheit als Ausgleich. Und auch ihrem giftgrünen Duratec Big Bang R 9-Renntandem haben die beiden für die neue Saison einige Upgrades verpasst: Eine spezielle Lenkerhalterung bringt mehr Stabilität für den hinteren der beiden Athleten, für Tim Kleinwächter. 

Für dieses Jahr hat sich das Tandem-Duo Renner/Kleinwächter viel vorgenommen. Nach dem Saisonstart beim Europacup Ende April in Italien steht zunächst ein Heimrennen an: Die Bayerischen Straßenmeisterschaften in Baiersdorf bei Erlangen – der Heimat des Radteams Herrmann. Neben den Deutschen Meisterschaften haben die beiden auch die Staffelteilnahme beim Challenge-Triathlon in Roth am 9. Juli als Ziel. Dort wollen sie eine neue persönliche Radbestzeit aufstellen. Das große Ziel 2017 lautet aber: die Weltmeisterschaften in Südafrika. Um Ende August in Pietermaritzburg dabei zu sein, müssen die beiden jedoch vorher einige Top-Platzierungen bei Weltcup-Rennen holen. Sie werden alles dafür tun, um dort am Start zu sein – bei einem so extrem wichtigen Rennen, einem Rennen am südlichen Ende des afrikanischen Kontinents, einem Rennen gegen die Besten. Es wäre ein Höhepunkt des neuen Lebens des Tim Kleinwächter – rund elf Jahre nach dem Tag, der sein Leben für immer verändert hat. //

 

Steckbrief: Tim Kleinwächter

Alter: 27 Jahre

Wohnort: Bad Windsheim (Bayern)

Disziplin: Renntandem (Rennklasse Paracycling B)

Aktuelles Team: Radteam Herrmann (www.herrmann-radteam.de

 

Erfolge (Auswahl):

  • 3-facher Deutscher Meister im Straßenrennen und Zeitfahren
  • 2 Europacup-Siege mehrere Top-10-Platzierungen bei Europacup-
  • Straßenrennen und Weltmeisterschaften im
  • Straßenrennen sowie auf der Bahn

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Text: Andreas Regler; Fotos: Thiemo Wenkemann, privat

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Lokalmatador siegt beim Kufsteinerland Radmarathon

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10.09.2017

Regen, Kälte und ein Happy End

Noch ist er ein Geheimtipp zum Ende der Saison: Der Kufsteinerland Radmarathon. Nach dem großen Erfolg im Vorjahr ging der Radmarathon am 10. September 2017 zum zweiten Mal über die Bühne.

Trotz Regenwetter und herausfordernden Bedingungen nahmen rund 250 Teilnehmer aus 14 Nationen die 120 Kilometer lange und mit 1800 Höhenmetern gespickte Strecke unter die Räder.  Der Rundkurs führte durch abwechslungsreiche Naturlandschaften, vorbei an Seen, dem Kaisergebirge, der Festung und dem Inn. Neben hügeligen Abschnitten mussten auch knackige Anstiege und rasante Abfahrten bewältigt werden. Richtung Thiersee erwartete die Teilnehmer bereits nach drei Kilometern die erste Steigung der Superlative. An dieser Schlüsselstelle setzte sich eine 15-köpfige Gruppe vom Rest des Feldes ab. Über Niederbreitenbach und Mariastein ging es bis zum Reintaler See weiter. Bei der kräftezehrenden Steigung Richtung Brandenberg dezimierte sich die Führungsgruppe auf den Titelverteidiger Patrick Hagenaars, Michael Mayer, Daniel Wildauer, Stefan Thanner und Thomas Trainer.

Spannender Endspurt in die Festungsstadt

Auf dem Rückweg nach Kufstein - kurz vor Kleinsöll - konnten sich Hagenaars, Mayer und Wildauer von ihren beiden Kontrahenten absetzen und näherten sich im Dreiergespann dem Ziel in Kufstein. In einem packenden Sprint setzt sich der Lokalmatador Michael Mayer hauchdünn gegen den Vorjahressieger Patrick Hagenaars durch und feiert einen strahlenden Heimsieg. Als schnellste Dame meisterte die Wahl-Tirolerin Nadja Prieling die Strecke. „Es freut uns ganz besonders, dass sich trotz der Wetterbedingungen so viele Teilnehmer und auch Besucher die zweite Auflage des Kufsteinerland Radmarathons nicht entgehen ließen“, so Stefan Pühringer, Geschäftsführer vom TVB Kufsteinerland. Wer es etwas gemütlicher angehen lassen wollte, hatte die Möglichkeit, an der Panoramarunde mit 50 km Länge und 450 hm teilzunehmen.

Festungsstadtsprint am Samstag

Bereits am Samstag präsentierte sich der Kufsteinerland Radmarathon mit einem erweiterten Rahmenprogramm. Vor dem Hauptrennen am Sonntag fiel am Vortag um 16 Uhr der Startschuss für den ersten Festungsstadtsprint. Das ultrakurze Rennen mit 1,3 Kilometer führte die Teilnehmer vom Fischergries quer durch das Kufsteiner Zentrum hoch zur Festung. Vom E-Bike über das Rennrad bis hin zum Oldtimerrad war alles zu sehen. Das älteste Nostalgie-Rad wurde extra prämiert. Günter Koidl lag am dichtesten an der Durchschnittszeit aller Teilnehmer und konnte so die Gaudi-Veranstaltung für sich entscheiden. Am Samstagabend erwarteten die Besucher Fachvorträge im Hotel Stadt Kufstein. Der Sportmediziner Dr. med. Thomas Scheiring referierte über Möglichkeiten der Leistungssteigerung. Im Anschluss führte der ehemalige österreichische Rennradfahrer Paco Wrolich und Thomas Pupp eine Publikumsdiskussion über Chancen und Potenziale des Radsports für eine Region und ihren Tourismus. Abgerundet wurde das Raderlebnis bei einer Expo am Sonntag.

Ergebnisse Kufsteinerland Radmarathon 2017

Herren

1. Michael Mayer (AUT), CGO Xentis Dynafit CEP Look, 3:28:40,4
2. Patrick Hagenaars (AUT), Radsport Stanger, 3:28:40,7
3. Daniel Wildauer (AUT), Union Raiffeisen Radteam Tirol, 3:31:41

Damen

1. Najda Prieling (AUT), Bikezeit by Stephan Matters, 4:03:36
2. Lea Horngacher (AUT), Duroflex Bäckerei Horngach, 4:06:34
3. Dagmar Fink (AUT), Radsport vor dem Arlberg, 4:23:49

Alle weiteren Ergebnisse finden Sie unter www.kufsteinerland-radmarathon.at

Quelle: 

Pressemitteilung Kufsteinerland Radmarathon; Fotos: Alex Gretter (Radmarathon), Dominik Kiss (Festungssprint)

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Rundfahrt für den Frieden

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03.05.2017

Ein Radrennen durch Israel, Palästina, Ägypten, Jordanien

Für Amateure und Profis - der mittlere Osten

 

Petra, das ist: Meterhohe Säulen, Ornamente, Fenster, Räume, Treppen – alles aus einer riesigen Felswand gehauen. Dies ist der Ort, an dem im Hollywoodfilm "Indiana Jones" der heilige Gral vor der Welt versteckt wird - dies ist der wohl berühmteste Ort Jordaniens. Mitten in der Wüste. Petra, dies ist auch das Etappenziel eines neuen Projekts, das vor vier Jahren als Traum begann, als Traum, der völlig utopisch klang, nicht machbar, unmöglich. 2018 wird er Wirklichkeit. Er heißt: Middle East Peace Tour.

Der Traum ist: Ein Radrennen durch einen Brennpunkt der Welt. Durch verfeindete Staaten, durch den mittleren Osten, durch Jordanien, Ägypten, Palästina, Israel. Sieben Etappen, mit dem Start in der jordanischen und dem Ziel in der israelischen Hauptstadt - von Amman nach Jerusalem. 700 Kilometer, vorbei am roten Meer, am Toten Meer, am tiefsten Punkt und dem größten Krater der Erde. Die Organisatoren kommen aus Österreich und Israel. Doch eingebunden sind alle: jordanische Bürgermeister, die Tourismus-Ministerien, der palästinensische Sportverband. Auch die österreichischen Botschafter haben viele Türen geöffnet.

Sieben Etappen

Vier Jahre sind vergangenen seit dem Entschluss, das Unmögliche zu versuchen. Bis zu dieser Auftaktveranstaltung im April. Eine Reise durch die Region, mit Journalisten aus der ganzen Welt, mit Erlebnissen und Kurzversionen der Etappen. Als Vorgeschmack auf das, was dann im September 2018 seine Premiere feiern wird: die Middle East Peace Tour. Das Konzept: Rennenfahren, Reisen, Erleben, Menschen verbinden. Bis zu 500 Fahrer wollen die Veranstalter an den Start bringen. Hobbysportler, Amateure und Profis. Das Etappenrennen wird beim Weltradsportverband registriert. Somit werden auch UCI-Punkte vergeben. Dass Profis und Hobbyathleten gemeinsam an den Start gehen, ist bislang eher aus dem Mountainbikesport bekannt. Mit diesem Konzept wurde etwa das "Cape Epic" in Südafrika zum bedeutendsten Mountainbike-Etappenrennen der Welt.

Eine Reportage aus dem mittleren Osten - über Wüsten, Meere, Glaube und die soziale Kraft des Sports – lesen Sie in der kommenden Print-RennRad-Ausgabe Nummer acht.

 

 

Der Zeitraum des Etappenrennens: vom 9. bis zum 15. März 2018.

 

Die Etappen:

1. 30 Kilometer, Kriterium in Amman, Jordanien

2. 78 Kilometer, Totes Meer – Petra (mit 130 Kilometer Transfer)      

3. 143 Kilometer, Petra – Akaba             

4. 25 Kilometer Zeitfahren, Taba – Taba, Sinai Ägypten        

5. 155 Kilometer, Eilat - Mitzpe Ramon, Israel

6. 138 Kilometer, Mitzpe Ramon – Neve Zohar

7. 112 Kilometer, Neve Zohar  – Jerusalem

 

Weitere Informationen und Anmeldung: https://www.meptour.com/

Quelle: 

Fotos: MEPT, Regina Stanger

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Radmarathon: Training am Mont Ventoux

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13.11.2017

Bernd Hornetz hat 2016 den Ötztaler Radmarathon gewonnen und zählt zur internationalen Spitze der Jedermann-Klasse. Für RennRad berichtet er immer wieder von seinem Training, von seinen Rennen - von seinen Erfolgen und wie sie entstehen. Auf Strava sind die aktuellen Leistungsdaten des Radmarathon-Spezialistenzu sehen. Hornetz' Trainingsauftakt ist geschafft. Der Trainingspartner: der legendäre Mont Ventoux. Der Plan: eine "Grundlagenwoche". Hier erklärt er, was hinter dem Trainingsblock im Süden steckt.

"Vom 28. Oktober bis 4. November bin ich dort unten acht Tage lang gefahren. Wie immer könnt Ihr mein Training genau nachverfolgen: ich habe alle Einheiten inklusive der Leistungsdaten auf Strava veröffentlicht. Insgesamt waren es 1.160 Kilometer und gut 23.000 Höhenmeter. Für mich war es der Auftakt zum Grundlagentraining nach der Trainingspause.

Die Tageshöchsttemperaturen lagen zwischen 18 und 20 Grad Celsius. Also durchaus angenehm - keine Hitze, aber auch keine Kälte. Immer Sonne, kein Regen. Aber anfangs bließ zwei Tage lang der Mistral. Das erschwert das Training, das hier ja schon durch die Höhenmeter hart genug ist. Bei diesen Bedingungen fährt man dann von Bedoin maximal die 1.100 Höhenmeter bis zum Chalet Reynard. Ansonsten empfahl es sich, das Gipfelerlebnis zwischen 11 und 15 Uhr einzurichten, denn dann lagen die Temperaturen der Überfahrten zwischen 5 und 12 Grad. Neben den Bergfahrten gab es für mich eine Tempoeinheit an Tag 6: 20 Kilometer in knapp 40 MInuten bei einer Leistung von 280 Watt. Hier ging es aber nicht nur um die Werte, sondern auch um die atemberaubende Fahrt durch die spektakuläre Gorges de la Nesque.

Sechs Mal am Gipfel

An vier Tagen war ich ganz oben, davon an zwei Tagen je zweimal. Insgesamt bin ich also sechs Mal über den Gipfel gefahren - zweimal von Malaucene und einmal von Sault, sowie dreimal den Klassiker von Bedoin. Von dort gelang mir mein schnellster Aufstieg in 1:22 Stunden - mit durchschnittlich 281 Watt. Die ersten fünf flacheren Kilometer bis Esteve habe ich mich mit wechselnden Intensitäten eingefahren, von da an furh ich dann recht konstant mit um die 290 Watt. Eine neue Bestzeit habe ich aber verfehlt: die steht seit 2012, als ich beim Rennen "Grimpée Ventoux" in 1:09 Stunden auf dem 2. Platz landete. Und das nur einen Tag nach einem Solosieg beim Granfondo mit 170 Kilometern und 3.500 Höhenmetern - mitten im damaligen Trainingslager. Der Ventoux ist für mich also weiterhin ein Berg, den ich noch nie fokussiert, mit besten Beinen gefahren bin - eine echte Bestzeit von dort gibt es von mir noch nicht."

 

Hier gibt es den Bericht zu seiner Siegfahrt beim legendären Ötztaler Radmarathon: http://www.radsport-rennrad.de/race/jedermann/rennen-seines-lebens-bernd...
 

Quelle: 

Text: Bernd Hornetz, Redaktion / Fotos: Bernd Hornetz

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Sechs Tage im Oval

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15.11.2017
Hochgeschwindigkeits-Radsport auf der Bahn

Eis und Schnee liegt auf dem Asphalt, der Rennkalender zeigt keine Straßenwettbewerbe: Der Winter ist die Zeit der Bahnrennen. Die Wettbewerbe im Oval sind für Radsportfans attraktiv - Jedermänner können aber inzwischen auch selbst auf der Bahn um Siege kämpfen.

Bremen steht wieder im Zeichen des Bahnradsports. Vom 11. bis 16. Januar 2018 finden in der Hansestadt die 54. Sixdays Bremen in der ÖVB-Arena statt. An sechs Tagen kämpfen Athleten in Elite-, Frauen-, U23- U19- und Paracyling-Klassen in verschiedenen Wettbewerben um den Gesamtsieg. Unter ihnen sind Olympiateilnehmer, Weltcupsieger, Welt- und Europameister. Die mehr als 100 teilnehmenden Sportler gehören zu den Besten der Szene. Seit der ersten Austragung im Jahr 1965 hat sich die Veranstaltung zum Traditionsrennen entwickelt. 2011 wurde das Rennen in die UCI-Kategorie 1 hochgestuft – seitdem können die Fahrer hier wertvolle Weltcup-Qualifikationspunkte sammeln.

Profis und Jedermänner

Nicht nur Profis kämpfen auf der 166,6 Meter langen, extrem steilen Piste – zum bereits dritten Mal gibt es auch 2018 wieder den Jedermannwettbewerb „Dein Rennen“ im Rahmen der Sixdays Bremen. Seit August qualifizieren sich Jedermänner für den Wettkampf. Die letzte Gelegenheit, einen Startplatz zu erkämpfen gibt es vor Ort am 12. Januar. Alle Informationen zum Jedermannrennen gibt es unter www.rennies-sport-reisen.de. Neben dem Sport steht auch Unterhaltung auf dem Programm: Die Bahn-Wettkämpfe werden von Konzerten und Parties abgerundet. Tickets gibt es unter www.sixdaysbremen.de, weitere Informationen außerdem unter www.oevb-arena.de. Veranstalter ist die Event & Sport Nord GmbH.

Quelle: 

Text: Redaktion / Foto: Arne Mill

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