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Channel: RennRad - Jedermann
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Gran Fondo New York: Sieger war gedopt

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29.10.2015
Doping in New York: Gran Fondo Sieger 2015 positiv auf Testosteron.

Neue Dopingfälle im Jedermann-Radsport

Oscar Tovar war bei seinem Sieg des Campagnolo Gran Fondo New York 2015 gedopt. In der Wettkampf-Kontrolle des Kolumbianers fand man synthetisches Testosteron. Dazu gab es einen weiteren Dopingfall in New York.

Der Campagnolo Gran Fondo New York (GFNY) hat zwei prominente Dopingfälle zu verzeichnen. Der Sieger der Ausgabe von 2015, Oscar Tovar aus Kolumbien, wurde positiv auf synthetisches Testosteron getestet. Dies teilte der Veranstalter in einer Presseerklärung mit. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat Tovar bereits für zwei Jahre für alle Rennen nach WADA-Regeln gesperrt. Der Veranstalter des GFNY schloss den Kolumbianer sogar auf Lebenszeit für alle zukünftigen Events weltweit aus.

Deutscher rückt auf Platz zwei

Nach der Disqualifizierung von Oscar Tovar wurde dessen Landsmann Raul Montana zum neuen Sieger erklärt. Auf Platz zwei rückte RennRad-Autor Timo Krieger. Dritter ist jetzt Mike Margarite (USA). Sicher ist, dass das Gran-Fondo-Rennen ohne Tovar wohl komplett anders verlaufen wäre. Den Veranstalter trifft der Dopingfall hart. "Wir sind natürlich enttäuscht, dass ein Doper unsere Reputation aufs Spiel setzt. Für uns ist es allerdings wichtiger, alles zu tun, um ein faires Rennen zu gewährleisten. Dopingkontrollen sind ein Teil dessen. Einfach wegschauen und nicht zu testen ist die schlechteste Entscheidung, die man als Race Direktor treffen kann. Es würde die Leute darin bestärken mit Dopingmitteln das Feld zu zerstören", so Cheforganisator Uli Fluhme.

Weiterer Dopingfall bei den Damen

Auch das Damenrennen des GFNY 2015 wurde von einem Dopingfall überschattet. Hier traf es die zunächst drittplatzierte Yamile Lugo - aus Kolumbien. In ihren Proben fand man anabole Steroide. Auch sie wurde nachträglich gesperrt. Der Campagnolo Gran Fondo New York hat bereits 2012 erstmals Dopingkontrollen bei seinen Rennen eingeführt. Schon damals erwischte man zwei Altersklassen-Sieger aus den USA und Italien mit Epo.

Quelle: 

Redaktion; Bild: Veranstalter

Berliner Velothon: Termin 2016 steht fest

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26.11.2015
Velothon Berlin

Straßenrennen geht in neunte Auflage

Velothon am 18. und 19. Juni 2016. Die Veranstalter rechnen mit 13.000 Hobbyfahrern.

Das Berliner ProRace findet im kommenden Jahr am 19. Juni statt. Die mittlerweile neunte Auflage des einzigen Straßenrennens der Radprofis in der Hauptstadt ist wie immer eingebettet in den Velothon am Wochenende 18./19. Juni 2016. Die Veranstalter rechnen mit rund 13 000 Hobbyfahrern, für die zwei Strecken zur Verfügung stehen. 60km und 120km – werden zur Auswahl stehen, die jeweils eine Stadtrunde, vorbei an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, sowie die Zieleinfahrt auf der Straße des 17. Juni beinhalten. Die 120 Kilometer-Runde schließt zudem eine Passage des südlichen Umlands Berlins ein. Beide Kurse sind für die Dauer des Rennens vollständig für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Die Startgebühren bleiben mit 54,50 Euro (60km) und 60,50 Euro (120km) in der Frühbucherphase konstant zum Vorjahr.

Der Kurs für die Profis bevorzugt wie immer die Sprinter. Je nach Stand der Vorbereitungen für die Tour de France wird auch mit der Teilnahme der einheimischen Elite um Marcel Kittel, André Greipel oder John Degenkolb gerechnet.

Quelle: 

dpa; Cor Vos

Die Marathon - Kolumne von Bernd Hornetz

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08.12.2015
Bernd Hornetz. Doping im Hobbyradsport

Die Marathon - Kolumne

Doping im Hobbyradsport

 

Bernd Hornetz, einer der besten deutschen Radmarathonfahrer, startet für ein italienisches Team. Der 46-Jährige gewann unter anderem den Nove Colli, die Transalp und die Amateur-WM. Im August wurde sein Teamkollege, der zweimalige Sieger des Ötztaler Radmarathons Roberto Cunico, positiv auf EPO getestet. Eine Stellungnahme.  

 

Ein Teamkollege wurde des Epo-Dopings überführt. Das ist noch einmal etwas anderes als der Dopingfall Nösig vor einigen Monaten. Damit waren bei dem diesjährigen Ötztaler Radmarathon die beiden schnellsten des Vorjahres gesperrt. Der Fall Cunico hat mich hart getroffen. Gleichzeitig gibt es natürlich Verdächtigungen und Spekulationen, denen man ausgesetzt ist. Diese richten sich zum einen gegen jeden seiner Teamkollegen, zum anderen gegen jeden, der bei den großen Alpen-Radmarathons unter die Top-Zwanzig fahren kann. 

Ich kann diese Zweifel auch verstehen. Die Chance bei einem solchen Event aufs Podium zu fahren, lässt sicher einige zu unerlaubten Mitteln greifen. Andere nehmen illegale Mittel, weil sie schneller sein wollen als im Vorjahr, schneller als Vereinskollegen, schneller als Freunde. 

Mehr Kontrollen

Ich sehe das als Charaktereigenschaft, wie man sich in einer solchen Situation entscheidet – beziehungsweise wie man sich gar nicht entscheiden muss, weil man einen geraden Weg verfolgt. Das war offensichtlich für Cunico nicht möglich.

 

Ich bin für regelmäßige, unangekündigte Dopingproben auch bei Jedermannevents, bei denen es eine Siegerehrung gibt. Bislang gibt es solche Tests nur unregelmäßig und auch nur bei Rennen in Italien. Immerhin hat ein solcher Test dazu geführt, den erfolgreichsten Radmarathonfahrer der letzten Jahre zu überführen. Nur in Italien gibt es auch seit 2014 eine klar definierte Sanktionierung: Eine lebenslange Sperre bei den Granfondos. Das vermisse ich doch sehr im deutschsprachigen Raum, wo in der Regel nur bei den lizenzierten Amateuren ab und an kontrolliert wird. Ich hoffe, dass die zuletzt aufgedeckten Fälle den Druck auf die Veranstalter erhöht, Dopingkontrollen einzuführen. Viele kleinere Veranstalter beklagen die hohen Kosten der Kontrollen, haben mir aber gleichzeitig versichert, sie würden Kontrollen durchführen, wenn die finanziellen Mittel vorhanden wären. Wie wäre es, wenn wir uns als Radsportler hier engagieren? Ich würde gerne versuchen, mit Hilfe von Sponsoren ein Budget zu schaffen, mit dem man den Event-Veranstaltern eine Subventionierung von Doping-Kontrollen anbieten kann. Was haltet Ihr von dieser Idee? Meldet Euch gerne bei mir unter: bernd.hornetz@gmx.de  ||||

 

Hintergrund

Roberto Cunico gewann 2013 und 2014 den Ötztaler Radmarathon. Der Italiener wurde am 2. August in  Sestriere (ITA) positiv auf „künstlich, von außen zugeführtes Epo“ getestet. Das gab das italienische olympische Komittee bekannt. Der Österreicher Emanuel Nösig wurde 2014 bei den nationalen Bergmeisterschaften positiv auf „Furosemid und Anabol-androgenes Steroid – Testosteron“ getestet, so meldete es der Österreichische Radsportverband. 2014 kam er beim schweren Ötztaler Radmarathon auf Rang zwei, den Eddy Merckx Classic Marathon und den Engadiner Radmarathon gewann er.

 

 

Quelle: 

Foro: Team Beraldo Green Paper

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Schwalbe spendet erneut 100 Räder

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09.12.2015
World Bicycle Relief, Schwalbe

Bikes die Bildung: Schwalbe spendet erneut

100 Buffalo-Bikes für World Bicycle Relief

 

Ein einfaches Fahrrad macht den Unterschied: Die nahezu unkaputtbaren, lastentauglichen Bikes können das Leben der Menschen in ländlichen Regionen Afrikas dramatisch verbessern. Sie ermöglichen einen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung, sie unterstützen die wirtschaftliche Entwicklung. Dafür engagiert sich die Organisation World Bicycle Relief (WBR) seit 2005 in Asien, Südamerika und Afrika.

„Mit Fahrrädern Kindern eine Zukunft geben und das Leben der ganzen Familie verbessern - das klingt wie ein frommer Wunsch und ist doch für zehntausende Familien Wirklichkeit geworden. Dafür engagieren wir uns auch in diesem Jahr wieder gern“, sagt Frank Bohle, geschäftsführender Gesellschafter des Fahrradreifen-Herstellers Schwalbe in Reichshof-Wehnrath. Das Unternehmen spendete wie schon im Vorjahr 100 Bikes für Bildungsprojekte in Afrika. Insgesamt lieferte der WBR seit seiner Gründung mehr als 270.000 Bikes aus. www.de.worldbicyclerelief.org

Quelle: 

World Bicycle Relief, Schwalbe

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Wieder da: Lance Armstrong siegt in Kalifornien

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15.12.2015
Comeback von Lance Armstrong: Texaner siegt beim Trail Running Event.

Früherer Radprofi gewinnt Trail Running Event

Eigentlich ist Lance Armstrong lebenslang gesperrt. Bei einigen Breitensportveranstaltern in den USA ist der aber willkommen. Der 44-Jährige Texaner gewann am Wochenende eine Laufveranstaltung im Gelände.

Bei lokalen Breitensportveranstaltungen weiß man nie, wen mal alles antrifft. Der lebenslang gesperrte Ex-Radprofi Lance Armstrong ist am vergangenen Wochenende bei einer Laufveranstaltung in Kalifornien aufgetaucht und gewann prompt. "Ich kann mich nicht erinnern, mich das letzte Mal mit so viel Spaß drei Stunden lang total verausgabt zu haben", twitterte der vormalige siebenfache Tour-de-France-Sieger im Anschluss an das 35 Kilometer Trail Running Race in Woodside. Armstrong siegte nach drei Stunden und 36 Sekunden mit über zwei Minuten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten.

Armstrong-Sieg sorgt für Diskussionsstoff

Lance Armstrong trat bei dem Lauf-Event unter regnerischen und schlammigen Bedinungen mit seinem eigenen Namen an. Er zahlte für seine Anmeldung wie jeder andere Teilnehmer auch. Sein Auftreten sorgte dennoch für viel Zündstoff: Normalerweise ist der überführte Doper lebenslang von der Welt-Anti-Doping-Agentur für alle Sportveranstaltungen ausgeschlossen worden. Dementsprechend negativ fielen die Kommentare in der Trail Running Community nach dem Rennen aus. Einige Läufer der Szene wiesen darauf hin, dass Armstrong "nicht nur wegen seiner Dopingvergangenheit gesperrt wurde, sondern auch wegen Dingen, die er darüberhinaus zu verantworten hat", so schrieb es der neunmalige amerikanische Meister Joe Gray.

 

Quelle: 

Redaktion; Cor Vos

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STVZO - Regeln: Licht am Rennrad

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12.01.2016
Beleuchtung am Rennrad

Welche Beleuchtung brauche ich am Rennrad?

Mit Einzug der dunklen Jahreszeit kramen viele ihre Lichter für das Rennrad aus dem Keller. Im Winter geht es im Straßenverkehr ganz besonders ums Sehen und Gesehen werden - aufgrund der früh einsetzenden Dunkelheit und den damit verbundenen Gefahren. Eine leistungsstarke Beleuchtung bringt Sicherheit.

Ist das Licht zu stark, verstößt man allerdings schnell gegen die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StvZO) und riskiert ein Knöllchen. Autofahrer könnten geblendet werden, das Verkehrsrisiko wäre zu groß. Bei den vielen Angaben auf den Verpackungen der Lampen ist es zusätzlich nicht leicht, den Überblick zu behalten: Lux, Volt, Watt, mit Prüfsiegel oder ohne. Da überrascht es kaum, dass viele Käufer schnell überfordert sind.  

Lichter, die ein StvZO-Siegel tragen, leuchten zwar etwas schwächer als nicht zugelassene, dafür leuchten sie die Straße im Allgemeinen präziser aus - man hat also einen deutlichen Lichtpegel, der vor dem Rad auf die Straße fällt. Im Gegensatz dazu streuen Lampen, die von der StvZO nicht zertifiziert sind, das Licht breiter. Man hat also auf Waldwegen und unbefestigten Straßen einen Vorteil. Hier dürfen auch jene Lichter, die nicht von der StvZO genehmigt sind, eingesetzt werden.

Die Regelung für die Straßenzulassung ist allerdings nur die eine Seite, die beim Kauf eine Rolle spielt - auch die technischen Daten müssen für den Einsatzzweck passen. Viele fokussieren sich dabei auf die Lux-Angabe, die anzeigt, wie hell eine Lampe ist. Dabei ist es oft noch entscheidender, wie das Licht auf der Straße ankommt. Deshalb sollte man sich schon im Laden vom Leuchtbild des Lichts überzeugen. Wie weit fällt der Lichtpegel nach vorne? Welche Fläche leuchtet das Licht aus? Wie sehr streut das Licht nach links und rechts? Das sind Fragen, die man bei einem ersten kurzen Test für sich klären kann. Vergleicht man seinen Eindruck mit mehreren Modellen, ist man auf der sicheren Seite.

Quelle: 

Foto: Graubuenden Lenzerheide - Alpen-Challenge

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Plötzlich Weltmeisterin - Katharina Venjakob im Fokus

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17.01.2016

Manche Frauen bekommen zur Volljährigkeit ein Auto, ziehen in die erste eigene Wohnung oder setzen den ersten Freund vor die Tür.

Katharina Venjakobs Vater schenkt seiner Tochter ein Rennrad. Ein Geschenk mit Folgen. Das Rad steht erst ein paar Jahre unbenutzt im Keller. Dann, 2012, entscheidet sich die von Verletzungspech geplagte Fußballerin Katharina Venjakob dazu, ihr Glück auf dem Rad zu suchen. Eine gute Entscheidung. Drei Jahre später gewinnt sie den Amateur-Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren und im Straßenrennen. Obendrein gibt es den souveränen Sieg im German Cycling Cup, der bekanntesten deutschen Jedermann-Serie. Katharina Venjakob ist plötzlich mittendrin in der großen Welt des Radsports und ein Symbol des stetig wachsenden Frauenanteils.

„Ich sehe diese Entwicklung positiv. Es ist gut, dass immer mehr Nachfragen nach Frauenrennen kommen.“ Katharina Venjakob weiß, wovon sie spricht. Vor drei Jahren war sie diejenige, die gar nicht wusste, dass es überhaupt Radrennen für Frauen gibt. Sie ließ sich zum German Cycling Cup überreden. Auf Anhieb wurde sie 2013 Zweite der Gesamtwertung. Die Erfolgsgeschichte der mittlerweile 26-Jährigen nimmt ihren Lauf. 2014 und 2015 gewann sie die Rennserie jeweils souverän. „Irgendwie ist Gewinnen wie eine kleine schöne Sucht“, meint sie schmunzelnd. „Zudem findet man in der Szene neue Freunde, Radsport verbindet.“ So wie sie sehen das immer mehr junge Frauen. Es sind Quereinsteiger, die eine Verletzung daran hindert, weiter Fußball zu spielen oder der Leichtathletik nachzugehen. Sie melden sich spontan für ein Rennen an und sind gefesselt von der Atmosphäre, dem Geist, der in der Szene herrscht. Als Frau versucht man zunächst, den Männern hinterher zu radeln. Schnell fährt man ein paar von ihnen um die Ohren. Ein Schnitt von 40 Kilometern pro Stunde ist in GCC-Rennen keine Seltenheit.

Plötzlich Doppel-Weltmeisterin

Schauplatzwechsel: Dänemark, ein Wochenende im September 2015. Katharina Venjakob hat sich zuvor im Tiroler Sankt Johann für die Amateur-Weltmeisterschaften qualifiziert. Für die Titelkämpfe in Dänemark hat sie an ihrer Zeitfahrtechnik gefeilt, die Position auf dem Rad optimiert und viele Intervalle in aerodynamischer Position abgespult. Der Kampf gegen die Uhr liegt ihr. Im WM-Zeitfahren findet sie früh ihren Rhythmus, tritt flüssiger und schneller als die Konkurrenz. Der Titel ist ihr nicht zu nehmen. Oben auf dem Siegerpodest bekommt sie das Regenbogentrikot übergestreift. Sie strahlt, nimmt die Glückwünsche entgegen und schüttelt oft mit dem Kopf. Man merkt ihr an, dass sie sich unglaublich freut, aber den Erfolg noch nicht fassen kann. 

Zwei Tage später ein ähnliches Bild. Im Straßenrennen ist Venjakob „so konzentriert wie nie.“ Das wellige Profil kommt ihr entgegen. Über 165 Kilometer geht es ständig hoch und runter. Am Ende läuft es auf einen Massensprint hinaus. Die letzten fünf Kilometer schwimmt sie vorne im Feld mit. „Ich wusste, dass ich gut sprinten kann. Nicht überragend, aber gut genug. Im Zielsprint habe ich mir einfach eingeredet ‚du schaffst das‘. Es hat geklappt.“ Katharina Venjakob gewinnt wieder Gold und kürt sich zur Doppel-Weltmeisterin. „Es war überwältigend“, sagt sie. „Normalerweise brauche ich ein oder zwei Tage, um alles zu realisieren. Nach der WM hat es eine Woche gedauert, um das in irgendeiner Weise zu verarbeiten.“

Zu Hause in Münster

Zurück in ihrer Heimat Münster bleibt alles wie gewohnt. Katharina Venjakob arbeitet Vollzeit im öffentlichen Dienst – Weltmeistertitel hin oder her. „41 Stunden Arbeit und 17 bis 20 Stunden Training – pro Woche. Unter der Woche sind es drei Einheiten à drei Stunden, am Wochenende zwei Einheiten, wobei der Sonntag mit bis zu fünf Stunden Training die mit Abstand längste Trainingseinheit ist.“ Viel Zeit für Freizeit bleibt da kaum. Ein gutes Zeitmanagement ist Grundvoraussetzung für Erfolg. Es bleiben nur Montag und Freitag Zeit für andere Sachen. Einkaufen, Mädelsabend, die Familie besuchen. Venjakob sieht es pragmatisch. „Wenn ich auf der Arbeit viel zu tun habe, muss zur Not auch mal eine Trainingseinheit ausfallen. Ich verdiene schließlich nicht mit dem Radsport, sondern als Rechtspflegerin mein Geld.“ 

Daran wird sich auch 2016 nichts ändern, wenn Venjakob ihr bisheriges Bürstner – Dümo Cycling-Dress gegen die Farben von Maxx-Solar tauschen wird. Deren Managerin Vera Hohlfeld hat ihr ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen konnte. Die Folge: Venjakob wird dann nicht mehr im German Cycling Cup, sondern bei Lizenzrennen starten. „Mein Riesenziel ist es, mich weiterzuentwickeln. Im neuen Team werde ich den Radsport neu kennenlernen müssen. Das heißt vor allem erstmal, Helferrollen übernehmen.“ Zwischen GCC und Lizenzradsport sieht Venjakob noch einen entscheidenden Unterschied: „Die Events sind viel mehr von Taktik geprägt als im GCC-Bereich, wo man sich als Frau zur Not auch einfach mal in den Windschatten der Männer hängen kann.“

Die neuen Aufgaben verlangen nach neuen Trainingsreizen. „Ein konkretes Konzept für 2016 werde ich mit meinem Trainer ausarbeiten.“ Derzeit ist Katharina Venjakob vor allem eine Allrounderin, eine die welliges Profil und Windkantensituationen gut beherrscht. 

Zukunftspläne

In bergigen Streckenpassagen sieht sie noch Verbesserungspotenzial. Das flache Trainingsgebiet um Münster ist kaum von Vorteil. Wenn man Berge dort schon nicht fahren kann, muss man sie simulieren. „Mein Trainer wird sich im nächsten Jahr sicherlich viele fiese Intervalleinheiten ausdenken, um meine Bergfähigkeiten auf diese Weise zu verbessern.“ Die Tempoeinheiten wird sie in gewohnter Manier mit MP3-Player im Ohr absolvieren. „Bei Intervallen ist er mein bester Freund geworden“, gibt sie preis und lacht.

Seit 1. November läuft das Training für die nächste Saison. Zuerst ganz locker, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Dann wird nach und nach langsam gesteigert. Die Umfänge und die Intensität. Nach dem Maxx-Solar-Teamtreffen im Dezember werden die Einheiten dann länger und auch härter. „Ich werde mich bestmöglichst vorbereiten, um mich in den Dienst der Mannschaft stellen zu können. Man kann sicher nicht erwarten, dass ich an meine Erfolge in der Jedermann-Klasse anknüpfe“, zeigt sich Katharina Venjakob defensiv aber realistisch. Wird sie die erfolgreiche Zeit der letzten Jahre denn nicht vermissen? „Ich schaue mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Es war eine superschöne Zeit für mich.“ Dann hält sie kurz inne: „Doch jetzt brauche ich einfach eine neue Herausforderung. Ich bin total hungrig darauf Neues kennenzulernen.“ Den letzten Satz betont sie mit Nachdruck. Man merkt ihr sofort an, wie groß der Hunger auf neue Erfolge ist.  //

 

Steckbrief

Jahrgang: 1989

Beruf: Diplom-Rechtspflegerin, angestellt im öffentlichen Dienst

Team: bis 2015 Bürstner – Dümo Cycling, ab 2016 Maxx-Solar 

Jahreskilometer 2015: 17.000

 

Weltmeister-Tipps von Venjakob

Intervalle, wichtig zur Kraftentwicklung: Ob 3x4 Minuten, 5x5 Minuten, 4x15 Minuten oder 10x1 Minute. „Man muss dabei immer aufpassen, das richtige Gleichgewicht von Be- und Entlastung zu erwischen.“

„Auf meinem täglichen Teller befindet sich immer Gemüse und Obst in Kombi mit Fleisch und Fisch. Je nach Wettkampf und Trainingsbelastung natürlich auch Kartoffeln, Reis und manchmal Nudeln.“

„Bei der Ernährung sollte auch auf ein gutes Gleichgewicht zwischen sauren und basischen Lebensmitteln geachtet werden. Zusätzliche Säurezufuhr über die Lebensmittel kann den Körper übersäuern und das wirkt sich auch auf die Leistung aus. Gemüse ist meist basisch, Fleisch und Fisch dagegen sauer. Es sollten auch Dinkelprodukte anstatt Weizen bevorzugt werden.“

„Besonders am Anfang sollte man nicht übermotiviert sein und jeden Tag trainieren. Der Körper braucht auch eine entsprechende Erholung. Es bietet sich an,  immer drei Tage zu fahren und dann einen Tag Pause einzuschieben. Die Ausfahrten sollten nicht zu schnell sein und man sollte mit einer Pulsuhr fahren. Seinen G1-Ausdauerbereich kann man super über einen Leistungstest ermitteln.“

 

German Cycling Cup 2015

Der German Cycling Cup (GCC) ist Deutschlands größte Jedermann-Serie. Teilnehmen darf jeder Radfahrer ohne Lizenz oder mit Amateur-C-Lizenz. Das Leistungsniveau an der Spitze ist in den letzten Jahren explodiert. Die Geschwindigkeiten sind für die meisten Hobbyfahrer unvorstellbar. Die Ausstattung der großen GCC-Teams erinnert an die kleinerer Profiteams. Einige Fahrer treten auch so auf: Sie arbeiten zusammen, fahren taktisch und opfern sich für den Erfolg des Teams. Wie sich die Szene weiterentwickelt weiß keiner. Fest steht, die Rennen werden bestimmt nicht langsamer werden.

Katharina Venjakob (Bürstner – Dümo Cycling) gewann die Frauenklasse des GCC nach 2014 zum zweiten Mal in Folge. Sie siegte vor Bianca Brückner (Strassacker) und Melina Mäckle
(Team Albstadtwerke – Belenus – Easy Tours).

Bei den Herren darf sich Marek Bosniatzki (Bürstner – Dümo Cycling) über den Titel „Deutscher Jedermann-Meister 2015“ freuen. Er gewann die Gesamtwertung des GCC hauchdünn mit acht Punkten Vorsprung vor Paul Sicking (Leeze – gebioMized). Dritter wurde Christoph Heider (Team Strassacker).  Sieger der GCC-Teamwertung ist das Team Strassacker vor Bürstner – Dümo Cycling und dem Team merkur-druck.com. 

Quelle: 

Foto: Markus Stera, Björn Wagner

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Der Fixie-Weltmeister Sebastian Körber im Interview

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17.02.2016
Sebastian Körber - Fixie Weltmeister 2015

RennRad: Du warst Straßenprofi, bist Cross-, Steher-, und normale Bahnrennen gefahren – wie kommt man zu Rennen mit Fixed-Bikes?

Sebastian Körber: Ich probiere gerne alles aus, was mit Radrennsport zu tun hat. Und ganz besonders gerne das Ungewöhnliche. In Nürnberg gibt es eine Gruppe von lockeren Typen, die einfach zum Spaß Radfahren, Schweinshaxn- und Biervergleichs-Runden organisieren – die Schleuder-Gang. Durch sie bin ich auf die Fixed-Rennen aufmerksam geworden. Ich war sofort neugierig, habe die Szene lange beobachtet. In diesem Jahr bin ich eingestiegen.

 

Mit Fixies bist Du aber schon länger vertraut.

Fixies sind im Endeffekt nichts anderes als Bahnräder. Und zu Bahnrädern habe ich schon seit meiner Kindheit einen engen Bezug. Wir haben vom Verein aus im Reichelsdorfer Keller trainiert, einer Bahn in der Nähe von Nürnberg. Dorthin bin ich als Jugendlicher immer mit dem Bahnrad durch den Wald gefahren. Die Liebe zum Radsport ist bis heute geblieben, das Interesse für alternative Rennformen immer größer geworden. 

 

Was macht ein Fixed-Rennen so besonders?

Der Nervenkitzel. Fixed-Rennen sind kurz und intensiv. Man kann nicht bremsen, darf nie aufhören zu treten, um einen herum sind zig andere Fahrer, die alle als erster um die nächste Kurve kommen wollen. Einfach draufsitzen und losfahren is‘ da nicht. Man braucht viel Mut und Zeit, bis man mit der starren Nabe schnell durch die Kurve kommt. Vor allem, wenn man in einem 100-Mann-Pulk unterwegs ist.

 

Die meisten Teilnehmer bei Fixed-Rennen sind Straßenräder und -rennen gewohnt, es fahren aber auch viele Anfänger mit. Wie hoch ist das Sturzrisiko?

Stürze kommen meistens nur in der Anfangsphase vor. Da ist alles noch kompakt, Profis fahren neben Amateuren, Fahrradkuriere neben Typen mit abgeschnittenen Jeans und Flatter-T-Shirts. Bunter kann ein Fahrerfeld fast nicht sein. Je länger das Rennen dauert, desto ruhiger wird es, desto weniger passiert. Dennoch: Man weiß nie, ob sich nicht doch jemand verschätzt. Bei meinem ersten Fixed-Kriterium in Köln hatte ich das erste Mal in meinem Leben bei einem Radrennen Angst. Wenn einer stürzt, stürzen alle.

 

Vertrauen spielt also eine wichtige Rolle.

Die Szene ist noch jung und klein, es gibt keine Eigenbrötler, zum Konzept der Veranstalter gehört immer eine After-Race-Party. Da kennt man schnell die anderen Fahrer. Im Rennen spiegelt sich das wider: Die Fairness ist extrem hoch. Kurven werden frühzeitig angekündigt, jeder schaut auf den anderen. Das funktioniert, weil die Atmosphäre so locker und freundschaftlich ist. Es geht nicht nur um den Wettkampf, es geht um das Wochen-
ende, um den Spaß, um das gemeinsame „Bierle“ nach
dem Rennen.

Man muss aber auch klar sagen, dass sich eine Professionalisierungs-Tendenz erkennen lässt. Die Szene wächst, die Startfelder werden größer, es gibt internationale Rennserien, eine Weltmeisterschaft.

 

Bei letzterer bist Du in diesem Jahr am Start gewesen. Wie war Dein Eindruck von der ersten WM in dieser Disziplin?

Es war riesig, wie ein Profi-Rennen. Ich habe mich schon eine halbe Stunde vor dem Start an die Linie gestellt, weil ich Angst davor hatte, mit 280 Leuten in die erste Kurve zu fahren. Nach der Neutralisation gingen sofort die ersten Attacken los. Die meisten Fixed-Fahrer machen sich keine Gedanken, was in zehn Kilometern ist, sie treten einfach mit Vollgas los. Das Tempo war extrem hoch. Im Ziel hatten wir einen 47er Schnitt. Es war ein richtiges Ausscheidungsfahren.

 

Am Ende hast Du mit über einer Radlänge Vorsprung deutlich gewonnen.

Ich habe auf den Schlusssprint spekuliert, habe mich aus allen Vorstößen herausgehalten, bin aber trotzdem immer unter den ersten zehn Fahrern gewesen. Die Strecke war identisch mit den letzten 42 Kilometern des Velothon Berlin. Das Profirennen bin ich schon gefahren und kannte daher die Schlüsselstellen. Am Schluss geht es durch die Häuserschluchten von Berlin. Dort ist man windgeschützt, es rollt immer extrem gut. An dem Tag hatten wir zudem Rückenwind, ich habe also einen viel dickeren Gang als normal montiert. Die meisten anderen machen sich über so etwas keine Gedanken, die fahren das ganze Jahr die gleiche Übersetzung. Das hat mir am Ende im Sprint Vorteile verschafft.

 

Sind Taktik und Erfahrung bei Fixed-Rennen entscheidender als bei normalen Rennen? 

Die Erfahrung spielt eine extrem große Rolle. Neben der eigenen körperlichen Leistung gibt es noch so viele Faktoren, die das Rennen beeinflussen können: der Wind, die Strecke, die Art der Kurven. Nach all dem richtet sich die Übersetzung. Man hat nur eine Chance – legt man den falschen Gang auf, hat man verzockt. Bei einer gewissen Geschwindigkeit kann man einfach nicht mehr schneller treten, man ist limitiert. Bei normalen Rennen kommt sowas eigentlich nie vor.

 

Woher kommt Dein gutes Gespür für die richtige Übersetzung?

Ganz klar von den Bahnrennen und dem Wintertraining. Ich habe früher jeden Winter mit meinem Trainingskollegen Christoph Schwerdt draußen auf einem Fixie trainiert. Das war für den runden Tritt und die Motorikschulung sehr wertvoll.

 

Du bist in diesem Jahr Dein erstes Fixed-Rennen gefahren, bist auf Anhieb Weltmeister geworden. Was hat man da noch für Ziele?

Die Red Hook-Rennserie. Das ist die Champions League in der Fixie-Szene. Am Ende der Saison möchte ich das Rennen in Mailand bestreiten. Starts in Brooklyn, London, Barcelona sind ein Traum. Ich habe alle Rennräder verkauft, besitze nur noch einen alten Crosser für den Winter und meine Fixies. Der Fokus für die Zukunft ist klar. //

 

 

Hintergrund

Die Fixed-Szene ist in den USA aus der Radkurier-Kultur entstanden. Seit den 1970er Jahren fahren dort die Kuriere auf Rädern mit starrer Nabe – so wie man sie aus dem Bahnradsport kennt. Die Gründe: Fixies sind puristisch, deshalb kann daran weniger kaputtgehen, es gibt weniger Verschleißteile, es ist günstiger. Der Trend, mit dem Bahnrad auf der Straße zu fahren, ist nach Deutschland geschwappt. Heute gibt es immer mehr Rennen, bei denen man auf Fixies gegeneinander antreten kann. Einer der größten Veranstalter ist „Rad Race“. Er organisiert alternative Rennformate in ganz Europa. Darunter Ausscheidungsfahren, Kriterien, Eins-Gegen-Eins-Sprints. International sind die vier Rennen der Red Hook-Serie am prestigeträchtigsten. Dort treten die besten Fahrer der Welt gegeneinander an. Die erste Fixed-Gear-Weltmeisterschaft fand in diesem Jahr in Berlin statt.

 

Die Person

Sebastian Körber kommt aus Katzwang bei Nürnberg, arbeitet in der Metallverarbeitung und ist der amtierende Fixie-Weltmeister. Seit diesem Jahr bestreitet der 30-Jährige Rennen in dieser Kategorie. Davor war er Straßen-Profi beim Team Nutrixxion Abus. Sein Heimatverein ist der RC Wendelstein.

 

Quelle: 

Foto: Björn Lexius

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Events: Swiss Cycling Alpenbrevet am 27.08.2016

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01.03.2016
Swiss Cycling Alpenbrevet am 27.08.2016

Fünf Touren über die schönsten Schweizer Alpenpässe

Am 27. August 2016 wartet auf Bergfahrer ein echtes Highlight: Beim Swiss Cycling Alpenbrevet geht es über den Grimsel-, Nufenen-, Lukmanier-, Oberalp und Susten-Pass.

Haarnadelkurven, atemberaubende Ausblicke und tolle Abfahrten prägen die fünf unvergesslichen Strecken des Alpenbrevets am 27. August in der Schweiz. Jede Tour hat ihre Highlights, ob die Furkapassstrasse auf der Silber-Tour, die Tremola mit Kopfsteinpflaster am weltberühmten Gotthardpass auf der Gold-Tour oder aber das schon südliche Ambiente vorbei an Palmen im Tessin auf der Platin-Tour, der Strecke für eisenharte Bergfahrer.

Alle Strecken im Überblick

Furka-Tour

1 Pass, Furka
Distanz: 38 km
Höhendifferenz: 1100 m
Start: Oberwald
Ziel: Andermatt

Bronze-Tour
2 Pässe, Grimsel, Furka
Distanz: 68 km
Höhendifferenz: 2381 m
Start: Meiringen
Ziel: Andermatt

Silber-Tour
3 Pässe: Grimsel, Furka, Susten
Distanz: 132 km
Höhendifferenz: 3875 m
Start&Ziel: Meiringen

Gold-Tour
4 Pässe: Grimsel, Nufenen, Gotthard, Susten
Distanz: 172 km
Höhendifferenz: 5294 m
Start&Ziel: Meiringen

Platin-Tour
5 Pässe: Grimsel, Nufenen, Lukmanier, Oberalp, Susten
Distanz: 276 km
Höhendifferenz: 7031 m
Start&Ziel: Meiringen

Mehr Infos und Anmeldung hier: www.alpenbrevet.ch und register.esprint.ch/?SCAB16

News: 

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Giuliano Calore - Rekordfahrt am Stilfser Joch

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03.04.2016

RennRad: Giuliano, Du bist 77 Jahre alt und kennst den Stelvio vermutlich wie kein anderer. Was hat Dich dazu bewegt, jetzt noch einmal deine Gesundheit zu riskieren? An diesem Pass, nachts, ohne Bremse, ohne Lenker. 

Giuliano Calore: Das Verbotene fasziniert mich ja seit jeher. Dass ich mit 77 Jahren in der Lage war, meinen 13. Rekord am Stelvio aufzustellen, obwohl das vorher von einigen für undenkbar und unmöglich gehalten wurde, hat mich am Ende mit einem unglaublichen Glücksgefühl und Stolz erfüllt. Vor jedem Projekt frage ich mich, wo die Grenzen des Menschen sind. Ich orientiere mich dabei weder an der Wissenschaft noch an irgendwelchen Technologien. Ich will einfach nur begreifen, welche Wunder ein Mensch mit einfachen Mitteln vollbringen kann. In meinem Fall ist die Maschine mein Rad. Seit Jahren habe ich von diesem Rekordversuch geträumt. Die Schwierigkeiten und Gefahren, die mich dabei erwarten würden, schienen das ganze Projekt unmöglich zu machen. 

 

Wie hast Du den Rekordtag in Erinnerung? Warst du nervös oder erleichtert, als es endlich los ging?

Wir warteten seit Tagen am Fuße des Stelvio darauf, dass sich das Wetter endlich bessern würde. Diese ganze Warterei machte mich natürlich ganz nervös. Der einzige Tag, an dem sich das Wetter von seiner besten Seite zeigte, war dann am Freitag, dem 31. Juli 2015. Als es dunkel war, fuhren wir endlich zur Passhöhe hinauf. Dort oben hat ein kleines Auto auf uns gewartet, das mir im Falle von Schwierigkeiten sofort hätte helfen können. Vor Ort war außerdem schon das Filmteam, das mich auf meiner Rekordfahrt begleiten wollte. An der Strecke standen auch einige Fans, die extra von weit her angereist waren, um mich zu sehen. Der Himmel zeigte sich sternenklar, nachdem wir so lange ausgeharrt hatten. Das gab mir die Gewissheit, dass ich das erreichen kann, was ich mir vorgenommen hatte.

 

Welche Gedanken gingen Dir beim Start durch den Kopf? Denkt man in diesem Moment überhaupt oder ist man nur darauf fokussiert, gleich bloß keinen Fehler zu machen? 

Mein Optimismus war in dem Moment verflogen, als ich die Autotür geöffnet habe. Auf der Passhöhe wehte ein starker Wind, der die Temperatur noch kälter erscheinen ließ. Die Temperaturen schienen weniger das Problem. Ich hatte die richtigen Klamotten dabei. Wovor ich mich mehr fürchtete, waren die Windböen, die mein Vorderrad von der Straße wehen könnten, ohne dass ich irgendwie die Möglichkeit hätte gegenzusteuern. Alle 48 Kehren unter diesen Bedingungen erfolgreich zu absolvieren, schien total verrückt zu sein.

Eigentlich hatte ich ja einige großartige Tests auch unter schwierigen Bedingungen hinter mir. Doch die gegebenen Verhältnisse waren die gefährlichsten. Einige Crewmitglieder versuchten mich sogar davon zu überzeugen, aufzugeben und es bei besserem Wetter erneut zu versuchen. Natürlich gab es da Momente der Spannung zwischen der Crew und mir. Ich versuchte alle zu beruhigen: In extremer Gefahr würde ich einfach schnell mit einem großen Hüpfer vom Rad springen. Den hatte ich mir vorher schon angeeignet. Es ist die einzige Möglichkeit, während der Fahrt vom Rad zu steigen, ohne sich dabei schwer zu verletzen.

 

Und wie ging es dann weiter? 

Bevor es wirklich losging, haben sich alle meine Begleiter von mir entfernt. Ich stand also plötzlich ganz alleine da mit meinem Rad – in dieser sternenklaren Nacht. Ich brauchte ein paar Minuten, um mich in dieser Stille bis zum Äußersten zu konzentrieren.

Der Start vom 2.757 Meter hohen Stilfserjoch erfolgte dann um 22:20 Uhr. Meine große Angst während der ersten zehn Kehren werde ich nie vergessen. Es sind die anspruchsvollsten Passagen überhaupt. Das Ganze bei diesem Wind. Ein Albtraum. Eine Tortur. Es kam mir vor wie ein Test, der außerhalb meiner Fähigkeiten lag.

 

Wie bist Du mit der Angst vor dem Scheitern umgegangen?

Dafür war gar keine Zeit. Die Windböen drückten mein Vorderrad an den Straßenrand. Immer wieder habe ich so beinahe die Schutzmauern am Straßenrand berührt. Ich musste ständig mehr riskieren, als ich wollte. Das Risiko, das ich ging, war groß – zu groß. Mehr als einmal musste ich mit einer akrobatischen Sprungeinlage vom Rad steigen. 

 

Aber Du bist trotzdem weitergefahren.

Ja, aber unter diesen Umständen schien es mir fast unmöglich, 48 Kehren lang die Konzentration hochzuhalten. Als sich diese pessimistischen Gedanken in meinen Kopf schlichen, bekam ich gar nicht mit, was geschah: Je mehr ich an Höhe verlor, desto mehr schwächte sich auch der Wind ab. Ich fasste also wieder Vertrauen. Ich mobilisierte meine Kräfte und dachte wieder daran, eine Performance abzuliefern, die es so in der Radsportgeschichte noch nicht gegeben hat. 

 

Welche Gefühle waren da noch während der langen Abfahrt? 

Im Laufe meiner Abfahrt fühlte ich eine große Distanz zwischen mir und den Menschen, die mich in der Ferne begleiteten. Das gab mir ein Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit. Normalerweise habe ich ja eine Reihe an Freunden und Fans dabei, die mich unterstützen. Bei dem Rekordversuch war ich allerdings oft komplett alleine gegen die Dunkelheit und gegen meine Angst. Aus der Entfernung konnte man mich nur erahnen. Ein schmales weißes Licht, das sich bewegte, in einer schwarzen Landschaft. Die wenigen Menschen, die vor Ort waren, spürten wohl, dass sie präsent sein müssen und feuerten mich lautstark an. Ich hörte die Schreie schon aus der Entfernung. Dadurch fand ich neue Motivation und Mut. Diese Schreie waren mehr wert als alles andere. 

 

Gab es auch weiter unten am Pass, ohne Wind, noch Momente, in denen Du an Deinem Vorhaben gezweifelt hast?

Einmal konnte ich nur wie durch ein Wunder drei Steinen auf der Straße ausweichen. Kurz vor dem Ziel wurde es erneut brenzlig. Meine Bauch- und Rückenmuskulatur wurde müde. Ich merkte zu spät, dass sich ein kleines Loch vor mir auf der Straße auftat. Ich konnte es nicht mehr vermeiden, hineinzufahren. Mein Vorderrad begann im Anschluss hin und her zu schwingen. Die Situation war extrem gefährlich. Beinahe hätte ich die Schutzmauern an der Straßenbegrenzung touchiert. Das war allerdings der letzte Schreck, bevor ich den legendären Pass endgültig bezwungen hatte.  

 

Unten im Ziel warst Du vermutlich einfach nur froh, heil angekommen zu sein, oder?

Ich konnte meine Emotionen nicht zurückhalten und stieß einen lauten Schrei der Erleichterung aus. Der Albtraum war zu Ende. Aber er war es mir wert. Die Abfahrtsdauer von der Passhöhe bis ins Ziel lag übrigens bei 52 Minuten.

 

Eine unglaubliche Leistung. Eines musst Du uns aber noch verraten: Wie hast Du eigentlich bergab gebremst?

Normalerweise würde ich mit meinem linken und rechten Fuß Druck auf das Hinterrad ausüben. In diesem Falle war dies nicht möglich, weil die Reifen nach wenigen Kilometern überhitzen würden. Ich fuhr also stattdessen ständig diagonal die Straße bergab. Vor Kurven machte ich ein paar schnelle Bewegungen aus dem Becken heraus. Die manövrierten das Rad entweder nach rechts oder links. Ich musste dabei aufpassen, dass sich das Vorderrad bei diesen schnellen Bewegungen nicht um die eigene Achse dreht. Der ganze Bremsvorgang brauchte höchste Präzision. Eine falsche schnelle Körperbewegung hätte das Vorderrad aus der Bahn gebracht und ich hätte keine Chance mehr gehabt zu korrigieren.

 

Wie oft bist Du die 48 Kehrren des Stilfserjochs in Deinem Leben schon hoch- und runtergefahren? 

Ich glaube in 38 Jahren als Radfahrer bin ich den Pass rund 220 Mal hinaufgeklettert. Am 26. Juli 1984 habe ich die 48 Kehren einbeinig in der Rekordzeit von einer Stunde und 36 Minuten absolviert. Davor hatte ich einen Monat am Fuße des Berges mit Training verbracht. Mehr oder weniger die gleiche Vorbereitung hatte ich am 18. August 1989, als ich mit einem normalen Rad, ohne Lenker und Bremsen – diesmal mit beiden Beinen pedalierend – den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte: 1 Stunde, 17 Minuten und 18 Sekunden. Den Stelvio bergauf zu fahren birgt aber kaum Risiken. Ihn ohne Bremsen bergab zu nehmen dafür umso mehr. 

 

Handelte es sich bei Deinem Rad eigentlich um eine Spezialkonstruktion? Welche Räder fährst du im Alltag?

Keineswegs. Es ist ein ganz normales Rennrad, an dem Lenker und Bremsen demontiert wurden, um es instabiler zu machen. Im Alltag fahre ich schon mein ganzes Leben lang Rennräder, erst aus Aluminium, dann aus Carbon.

 

Wie hältst Du Dich sonst fit? Wie viele Kilometer verbringst Du auf Deinem Rad?

Ich trainiere täglich. Wenn ein Sportevent oder ein neuer Rekordversuch anstehen, dann steigere ich natürlich im Vorfeld meinen Trainingsaufwand. Mein ganzes Leben lang habe ich nie geraucht. Ich trinke nie mehr als ein halbes Glas Wein zum Essen. Ich esse viel Obst, Gemüse und weißes Fleisch in Maßen. Dazu gibt es ein- oder zweimal die Woche auch Fisch.

 

Welchen Stellenwert hat der Radsport in Deinem Leben?

Radfahren bedeutet mir einfach so viel. In jungen Jahren habe ich auf einem normalen Fitnessrad mit einem Rucksack auf den Schultern die Dolomiten durchquert und war gefangen von der traumhaften Landschaft dort. In meiner Familie sind alle Musiker. Als passionierter Pianist seit dem siebten Lebensjahr und als Komponist hat mir das Radfahren geholfen, meine schönsten Melodien zu komponieren. Bei einem meiner Rekorde am Stilfserjoch habe ich 1981 während der Auffahrt vier verschiedene Musikinstrumente von insgesamt 33 Kilogramm gespielt, bis ich endlich oben ankam.

 

Du kennst den Radsport noch aus den Zeiten von Fausto Coppi. Was hat sich Deiner Meinung nach geändert? Was unterscheidet die damaligen Fahrer von der Radprofi-Generation heute?

Ich habe diese alte Art der heroischen Rennen viel mehr geliebt. In dieser Zeit sind die Fahrer noch über staubige Straßen gefahren, mit Reifen auf ihren Schultern und mit nur einem oder zwei Gängen. Sie haben versucht 300 Kilometer vor dem Tagesziel alleine davonzufahren, ohne große taktische Finessen, ohne Team, ohne Funk. Ich nehme heute noch gerne an historischen Rennen teil, bei denen ich die Emotionen meiner Jugend wieder durchlebe.  //

 

 

Die Rekordliste von Giuliano Calore

17. Juli 1979 – Calore bewältigt das Stilfserjoch bergauf, ohne dabei ein einziges Mal den Lenker zu  berühren. Fortan ist der Mitarbeiter eines großen italienischen Stromversorgers dem Stelvio verfallen - und stellt einen Rekord nach dem nächsten auf.

 

29. Juli 1981 – Calore fährt das Stilfserjoch bergauf und spielt abwechselnd vier Instrumente, die insgesamt 33 Kilogramm wiegen, ohne anzuhalten oder vom Rad abzusteigen.

 

28. Juli 1983– Calore bezwingt 14 der bekanntesten Dolomiten-Bergpässe über eine Distanz von 330 Kilometern in nur 13 Stunden.

 

26. Juli 1984– Calore fährt bei schlechten Wetterbedingungen einbeinig auf das Stilfserjoch. Er benötigt eine Stunde und 36 Minuten.

 

20. Juli 1985 – Neue Rekordzeit bergab am Stilfserjoch: 27 Minuten und 1 Sekunde - ohne Lenker und Bremsen.

 

27. Oktober 1986– Calore erklettert das Stilfserjoch, bei 10 Grad unter Null in 2 Stunden und 20 Minuten. Nach Schneefall ist die Straße eisglatt.

 

18. August 1989– Calore erklimmt das Stilfserjoch ohne Lenker und ohne Bremsen in der Rekordzeit von 1 Stunde, 17 Minuten und 18 Sekunden.

 

6. Dezember 1990 – Ohne Spikes an den Reifen überwindet Calore 15 Dolomitenpässe mit dem Mountainbike (321 Kilometer) in 15 Stunden und 11 Minuten. Die Straßen sind vereist, die Temperaturen liegen zwischen -14 und -20 Grad.

 

28. September 1991– Calore fährt in Padova einen Parcours bestehend aus 2.520 Pfählen, die jeweils in einer Distanz von 54 Zentimetenr nebeneinander aufgestellt sind, ohne Hände am Lenker in einer Zeit von nur einer Stunde.

 

6. April 1992– Calore überwindet in Zürich 6.500 Hindernisse in fünf Stunden.

 

21. Juli 1998– Calore verkompliziert die Abfahrt vom Stilfserjoch, indem er an jeder der 48 Kurven zwei 1,5 Meter hohe Pfähle im Abstand von 52 Zentimetern aufstellt. Er durchfährt sie alle, ohne einen einzigen der 96 Pfähle umzustoßen, in einer Zeit von 37 Minuten.

 

20. März 2001– Calore fährt ohne Bremsen, Lenker und ohne Starrlauf auf einer Eisbahn einen Parcours mit 228 Toren, die nur 46 Zentimeter voneinander entfernt sind, ohne einen der 456 Pfähle umzustoßen. In einer halben Stunde schafft er 57 Runden und das alles mit normalen Rennradreifen.

 

Quelle: 

Foto: Privat, Stuffilm

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Doping im Hobby-Radsport

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05.04.2016
Doping im Hobby-Radsport: Dopen, gewinnen und nicht auffliegen.

Ein Report über Betrug und Selbstbetrug

Nicht nur der Profi-Radsport hat ein Dopingproblem. 2015 gab es auch bei den Hobby- und Jedermannfahrern so viele überführte Doper wie noch nie. Ein Report über Betrug und Selbstbetrug.

Dopingmittel sind gesund. Zumindest für manche Menschen, für Kranke sind sie Medizin. Erythropoetin (EPO) zum Beispiel hilft Menschen mit Blutarmut. Testosteron wird Männern verschrieben, die an einer Hodenunterfunktion leiden. Ephedrin ist in vielen Hustensäften enthalten. Man bekommt diese Mittel vom Arzt verschrieben. Im Sport sind sie verboten, sie stehen auf der Liste der verbotenen Substanzen. Zum Einsatz kommen sie trotzdem, auch im Jedermann- und Hobby-Radsport. Gerüchte und Verdachtsfälle gab es seit Jahren. 2015 war nun das Jahr der positiven Proben.

Emanuel Nösig (Österreich), Roberto Cunico (Italien) und Oscar Tovar (Kolumbien) sind einige der Fahrer, die „positiv“ waren. Sie sind keine Profis, sie leben nicht vom Radsport – aber vielleicht für ihn. Ihre Fälle wurden publik nach Dopingkontrollen – bei den österreichischen Bergmeisterschaften, dem Granfondo Sestriere und dem Granfondo New York (GFNY). Es sind klassische Amateur- und Jedermann-Events. Die Anzahl von Dopingtests dort ist ziemlich überschaubar. Dennoch häuften sich in den letzten Jahren die Positivfälle. Sind Nösig, Cunico und Tovar nur die Spitze des Eisbergs? 

Wo beginnt Doping überhaupt? Wie kann man dem „Schneller – Höher – Weiter“ im  Hobbyradsport gegensteuern? Der Report gibt einen Einblick, über Mittel und Möglichkeiten in der Breitensport-Szene. 

Schmerz lass nach

Wo fängt Doping eigentlich an? Schmerzmittel wie Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol gelten offiziell nicht als Doping. Die Wirkstoffe stehen nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Wer die Präparate schluckt, betrügt demnach niemanden. Außer sich selbst. Er schaltet die Warnsignale seines Körpers bewusst aus. Das Gehirn sagt plötzlich: Alles ist gut. Es tut nichts mehr weh. Du kannst weiterfahren. Dass Breiten- und Hobbysportler mit Schmerzmitteln hantieren, beschrieb schon eine Studie aus 2009. Beim Bonn-Marathon wurden 1.024 Teilnehmer vor dem Start zu ihrem Medikamentenstatus befragt. Mehr als 60 Prozent von ihnen gab an, „aus Angst vor Schmerzen“ zu entsprechenden Präparaten gegriffen zu haben. Erhebungen im Hobby-Radsport ergeben ein ähnliches Bild. Dabei ist der Einsatz von Anti-Schmerz-Präparaten ein potenziell gefährliches Vorgehen. 2014 starb das US-Radtalent Chase Pinkham an einer Überdosis starker Schmerzmittel. Er wurde nur 23 Jahre alt. 

„Niere und Magen-Darm-Trakt stehen bei Ausdauersportlern unter einem besonderen Stress. Eine Vielzahl von Beschwerden, vor allem Blutverluste und Funktionsstörungen sind die Folge“, heißt es im Deutschen Ärzteblatt. Besonders problematisch ist die Einnahme von Schmerzmitteln vor Beginn des Wettkampfs. Sie belasten den Magen-Darm-Trakt und die Nieren unnötig und provozieren zusätzlich Elektrolytstörungen. Diese können in einer massiven Hyponatriämie gipfeln, einem zu niedrigen Natriumspiegel im Blut. Dies kann im Extremfall zu akutem Kreislaufversagen oder dem plötzlichen Herztod führen.

Tramadol: Das „Wundermittel“

Nebenwirkungen und Langzeitschäden sind im Sport scheinbar leider keine Argumente gegen den Einsatz von Schmerzmitteln. Tramadol zum Beispiel gilt als „Wundermittel“. Es gehört zur Gruppe der opioiden Schmerzmittel. Diese sind sehr effektiv - und können Patienten abhängig machen. Dennoch ist Tramadol im Radsport weit verbreitet. Die WADA erklärte, dass man Spuren des Medikaments in etlichen Dopingtests festgestellt habe. Die Direktorin der Cycling Anti-Doping-Commission (CADF), Francesca Rossi, bestätigt: „Eine Statistik belegt, dass es im Profi-Radsport 675 Dopingfälle gäbe, wenn Tramadol verboten wäre.“

Wie wirkt dieses vermeintliche „Wundermittel“? „Tramadol machte mich euphorisch, aber es fällt einem schwer, sich zu konzentrieren. Es tötet die Schmerzen in den Beinen und man kann wirklich hart treten“, so beschrieb es Ex-Sky-Profi Michael Barry im Gespräch mit der „Times“. Verboten wurde das Schmerzmittel von der WADA auch 2016 nicht. Dabei steht es schon seit 2012 unter Beobachtung. 2014 kam der Verdacht auf, das Medikament sei einer der Gründe für die vielen Stürze bei den Frühjahrsklassikern. Tramadol senkt zwar die Schmerzempfindlichkeit, es führt aber auch zu Bewusstseinstrübungen. Eine gestörte Sinneswahrnehmung und Einschränkung der Koordinationsfähigkeit sind die Folge. Viele der Stürze im Peloton waren den Unachtsamkeiten der Fahrer geschuldet 

Und in der Hobby- und Amateurszene? Paracetamol oder Ibuprofen sind deren Tramadol. Es sind die gängigsten Schmerzmittel. Frei erhältlich in jeder Apotheke. Ein deutscher Jedermann-Fahrer, der namentlich nicht genannt werden möchte, bestätigt gegenüber RennRad : „Es muss ja nicht immer gleich Epo sein. Eine Person sagte mal zu mir, dass sie sich vor den Rennen Ibuprofen einwirft. ‚Dann brennen die Beine nicht so‘. Die Person fährt hobbymäßig und in dem Bereich Platz 400 und aufwärts.“ 

Sinkende Hemmschwelle 

Wer regelmäßig Schmerzmittel konsumiert, für den ist der nächste Schritt nicht weit: Der Griff zu verbotenen Substanzen. Deren Anzahl ist kaum mehr überschaubar geworden. Ständig drängen neue Mittel auf den „Doping-Markt“. Längst findet der Austausch darüber in entsprechenden Internetforen statt. Dort erfährt man zum Beispiel, dass es ein Präparat gibt, das eine EPO-ähnliche Wirkung hat und in Tablettenform eingenommen wird: Kobaltsalz. Ursprünglich entwickelt als Medikament gegen Blutarmut, findet es auch in der Sportlerszene regen Anklang. Es ist leicht zu bekommen, kostengünstig und kann oral eingenommen werden. Schon nach wenigen Stunden ist es nicht mehr nachweisbar. Alleine diese Tatsache reicht einigen Sportlern als Argument. Dabei sind die Nebenwirkungen viel dramatischer: „Die Einnahme kann zu schweren Organschäden führen, im Magen-Darm-Trakt, der Schilddrüse, der Niere, aber auch des Herzens“, erklärte Prof. Wolfgang Jelkmann, ein anerkannter Experte der Uni Lübeck, bereits Ende 2014.  Warum sind trotzdem immer mehr Menschen bereit diese Risiken einzugehen? 

Doping-Motive

Bei der Suche  nach den Motiven von „Hobby-Dopern“ stößt man sehr schnell auf eine Verknüpfung, die nach außerhalb des gesellschaftlichen Teilsytems „Sport“ führt. Denn das  Problem der Selbstmedikation ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Nur in anderen Bereichen des Lebens wird „Doping“ beziehungsweise die Selbstoptimierung um jeden Preis meist weder sichtbar noch geahndet. Ethisch anstößig finden es die Wenigsten, wenn „verhaltensauffällige“ Kinder ruhiggestellt werden, wenn Studenten Ritalin schlucken, um sich in den Lernphasen besser konzentrieren zu können, wenn der Manager mit Amphetaminen hantiert oder die Kindergärtnerin hohe Dosen Kopfschmerztabletten konsumiert. Wir schlucken Pillen, um abends länger feiern zu gehen und bewundern Extremsportler, die sich kopfüber Klippen herabstürzen und dabei für koffein- und taurinhaltige bunte Brausen werben. Die Leistung zählt. Das Leistungsdenken ist in uns modernen Individuen fest verankert. Das gilt auch im Sport, egal ob beim Ötztaler Radmarathon, dem Marathona dles Dolomiti, dem Berlin Marathon oder dem Stadtlauf von Castrop-Rauxel. Eigentlich handelt es sich doch um Events, an denen jeder teilnehmen kann. Wer bei manchen Jedermann-Rennen allerdings den Betreuerstab und die Logistik der Top-Fahrer betrachtet, der kommt sich manchmal vor wie bei einer Miniaturausgabe der Tour de France.  Es wird optimiert, es geht um die reine Leistung. Das ist menschlich. Es ist also logisch, dass auch im Sport genauso wie in den anderen sozialen Bereichen versucht wird, sich selbst zu „tunen“. 

Klassische Schnellmacher

In der Liste verbotener Substanzen sind es die „Klassiker“, die den Radmarathon-Siegern Emanuel Nösig, Roberto Cunico und Oscar Tovar 2015 zum Verhängnis wurden. Bei Nösig fand man Furosemid und 5aAdiol, 5bAdiol im Körper. Das eine ist ein Maskierungsmittel, das andere ein „anabol-androgenes Steroid-Testosteron“ (laut Österreichischem Radsportverband). Nösig wurde von seinem Verband bis zum 31. Januar 2017 gesperrt. Seitdem schweigt er. Interviews lehnt er ab. Zur Granfondo-Saison 2017 könnte er bereits zurückkehren. Bei der Aufklärung über eventuelle Hintermänner hat Nösig nicht kooperiert. Auch Roberto Cunico, Ötztaler-Sieger von 2013 und 2014, schweigt. Er wurde im Herbst 2015 beim italienischen Granfondo Sestriere des EPO-Dopings überführt. Auch beim Granfondo New York wurde ein „Spitzenfahrer“ aus dem Verkehr gezogen. 

Der Kolumbianer Oscar Tovar hatte das Rennen gewonnen. Im Nachhinein  wurde ihm Doping mit synthetischem Testosteron nachgewiesen, der Sieg wurde ihm aberkannt. Auch die dritte der Damen-Wertung von New York, Yamile Lugo aus Kolumbien, wurde positiv getestet. In ihrer Probe wurde ein Steroid gefunden. Der Organistor des Events, Uli Fluhme, finanziert die Dopingtests selbst, um Betrüger abzuschrecken. Auch in Italien gab es 2015 positive Dopingfälle bei Granfondo Events. Michele Maccanti gewann erst den GF Sportful. Kurz darauf wurde er des EPO-Dopings überführt. 

Machtlose Kontrolleure

Für die Dopingfahnder sind diese „Fälle“ Erfolge. Sie geben allerdings wenig Anlass zum Feiern. Das Bild von „Zufallstreffern“ verfestigt sich, sobald man mit Experten spricht. Man erwische „nur noch die Ungeschickten“, meint zum Beispiel Dr. Helmut Mahler. Er arbeitet als Sachverständiger beim Landeskriminalamt in Düsseldorf. Als Wissenschaftler könne man nur dann erfolgreich sein, wenn man sein Ziel kenne, meint Mahler. „Eine Non-Target-Suche ist nicht möglich.“ Dabei seien die Möglichkeiten des Doping-Marktes mittlerweile nahezu unbegrenzt. 

Im Internet kann man sich sein ganz persönliches Epo-Molekül designen lassen. Man braucht nur „ein Atom verändern“  und könne damit Millionen oder Billionen Varianten des Blutdopingmittels EPO schaffen. Nur ein Bruchteil dessen kann von Fahndern aufgespürt werden. Gezahlt wird auf Internetseiten wie der von „Cayman Chemicals“ per Kreditkarte. Die entsprechende EPO-Lieferung gibt es wenige Tage später frei Haus. Man muss dann nur noch Platz dafür in seinem Kühlschrank schaffen. Auch extrem gefährliche Mittel wie etwa GW1516 sind im Netz nur wenige Klicks entfernt.

„Größter Menschenversuch aller Zeiten“

Die Möglichkeiten, die das World-Wide-Web bietet, klingen für Doper nach Schlaraffenland. „Was momentan in Sachen neuer Substanzen läuft, ist der größte Menschenversuch aller Zeiten“, klagt Fritz Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg. An diesem Versuch beteiligen sich auch immer mehr deutsche Produzenten. Der Heidelberger Dopingjäger Werner Franke sprach beim Nürnberger Dopingsymposium im Oktober 2015 auch von Untergrundlaboren hierzulande: „Es ist wieder nicht-pflanzlich hergestelltes Testosteron im Umlauf“. Auf der gleichen Veranstaltung merkte der Mainzer Leistungsphysiologe Perikles Simon fast beiläufig an: „Man kann Testosteron herstellen, ohne dass es in der Analytik auffliegt. Man kann das ganze Jahr hindurch voll gedopt antreten und wird nicht auffliegen.“ Vermutlich hatten die „Jedermänner“ Nösig und Tovar das auch schon mal gehört. Nur hatten sie es dann mit der Dosierung übertrieben. 

Kaum Wettkampfkontrollen 

Wie kann man gegensteuern? In dieser Frage gehen die Meinungen auseinander. Perikles Simon kritisiert gar die generelle Herangehensweise. „Man verfeinert die Kontrollen und drangsaliert die Athleten mit Tests, verbessert aber nicht entscheidend die Analysemethoden. Das ist eine Unverschämtheit“, wettert er. „Es wird nicht genügend in die Qualität investiert“, bilanziert Simon und stellt den Jägern damit kein gutes Zeugnis aus. Die von ihm kritisierte Qualität bei Testverfahren ist ein Kriterium. Ein anderes, oftmals von Veranstalter-Seite vorgebrachtes Argument, sind die Kosten für Tests. Bislang seien die herkömmlichen Analysen zu teuer, um sie auch im Jedermann-Bereich einzusetzen, argumentieren viele Rennveranstalter. Auch deshalb werden Hobbysportler bei Radrennen, Marathons oder Triathlons in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch kaum getestet. Eine der besten deutschen Jedermann-Fahrerinnen der letzten Jahre bestätigte auf RennRad-Anfrage, dass sie bei den deutschen Events „noch nie getestet wurde.“ Es verwundert auch nicht, wenn der Moderator des Ötztaler Radmarathons, Othmar Peer, im Interview mit dem Blog SpeedVille sagt: „In den letzten 15 Jahren waren wenige Sieger beim Ötztaler sauber. Da bin ich mir sehr, sehr sicher.“ Wo kein Richter, da kein Henker.

Die Hoffnung: Ein Tropfen Blut

Doch es gibt Hoffnung auf günstigere Testverfahren. Eines davon ist die sogenannte Bluttropfen-Analyse (DBS: Dried Blood Spot). Sie wird seit Jahren beim Neugeborenen-Screening eingesetzt. Aus einem einzigen Tropfen Blut können dabei frühzeitig Stoffwechselstörungen erkannt werden. Dem Zentrum für Präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln ist es in der Testphase der Bluttropfen-Analyse gelungen, anabole Steroide, Stimulanzien sowie Cannabinoide „herauszulesen“. Die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) begrüßt diese Fortschritte ausdrücklich. Sie hält es für möglich, dass das Bluttropfen-Verfahren mittelfristig im Breitensportbereich angewendet werden kann. Experte Perikles Simon vertritt hier einen pragmatischen Ansatz. Er plädiert allgemein dafür, neue Testverfahren sofort anzuwenden. „Wenn man dabei untergeht, dann ist es so.“ Leider hat die Bluttropfen-Analyse bislang noch einen Haken: Sie ist von der WADA derzeit nicht anerkannt und darf deshalb noch nicht eingesetzt werden.

Sind den Kontrollbehörden weiter die Hände gebunden? Die NADA spielt die Sache herunter: „Wir können uns auch jetzt schon vorstellen, Dopingkontrollen bei einzelnen Veranstaltungen durchzuführen“, heißt es aus Bonn. Zur großen Überraschung der Teilnehmer tauchten zum Beispiel NADA-Kontrolleure Ende September 2015 bei einer Radtourenfahrt (RTF) im fränkischen Forchheim auf. Dort sollen explizit auch RTF-Wertungskarten-Inhaber getestet worden sein. Einzelfall oder Strategie? „Ohne finanzielle Unterstützung werden wir uns auf wenige Veranstaltungen beschränken müssen“, meinen NADA-Offizielle. „Abschreckung durch Anwesenheit“ scheint deren Devise zu sein. Doch wie geht man langfristig gegen das Doping-Problem vor? 

„Wir brauchen die Justiz als Hilfe“, fordern Experten wie der Kriminaltechniker Helmut Mahler seit längerem. In Deutschland gilt seit 1. Januar 2016 ein Anti-Doping-Gesetz. Neu gegenüber dem bisherigen Arzneimittelgesetz ist, dass Berufsathleten für Doping strafrechtlich belangt werden können, und zwar mit bis zu drei Jahren Haft. Nicht medizinisch angezeigter Besitz und Verabreichung von im Gesetz genannten 94 Substanzen, die dem Zweck der Leistungssteigerung dienen, werden strafbar sein, ebenso die im Wada-Kodex genannten Methoden wie Eigenblutdoping. Allerdings: Das deutsche Anti-Doping-Gesetz gilt nicht für den Breitensport. Wird also ein Freizeitsportler mit Testosteron, Epo oder einem Asthmamittel erwischt, geht er straffrei aus. Diese Unausgewogenheit wird in diesem Jahr wohl sogar vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt werden. 

Soli für saubere Sportler

Die Jedermann-Szene ist durch die positiven Tests einiger sehr „erfolgreicher“ Fahrer 2015 aufgeschreckt worden. Viele der Hobbyathleten fordern die Einführung von Dopingkontrollen bei klassischen Breitensport-Events. Das legen auch die Kommentare in den sozialen Netzwerken zu den jüngsten Fällen nahe. Viele davon sehen vor allem die Veranstalter in der Pflicht. Das Organisationskomittee des Ötztaler-Radmarathons hat schon reagiert. Ein OK-Mitglied kündigte auf unsere Anfrage hin für 2016 von der NADA durchgeführte und vom Veranstalter finanzierte Kontrollen an. Dabei wären auch andere Finanzierungsmöglichkeiten denkbar. Zum Beispiel könnte man mit den Anmelde-Gebühren eine Art „Solidaritätszuschlag für saubere Sportler“ erheben. Fünf Euro mehr oder weniger würden die Teilnehmerzahlen wohl nicht signifikant nach unten ziehen. Das Geld würde in eine Art „Fonds“ fließen, aus dem die Kontrollen finanziert werden könnten. Bei einer Teilnehmerzahl von 5.000 Menschen ließen sich demnach 25.000 Euro generieren. Gleichzeitig würden auch die Sponsoren einen festen Prozentsatz ihres Budgets in diesen Fonds einzahlen. Die 30.000 bis 35.000 Euro, die dabei zusammenkämen, wären für die Veranstalter gut investiertes Geld - in mehr Glaubwürdigkeit.

Sportliche Wettbewerbe beruhen auf der Annahme, dass sie die natürlichen Fähigkeiten bei prinzipieller Chancengleichheit der Akteure belohnen. Leider schafft es auch der Breiten- und Hobbysport aktuell nicht mehr, diese zu garantieren. Die Bilanz dieser Recherche klingt dementsprechend düster. Es wird weiter gedopt. Die Verlockungen dazu sind für Viele einfach zu groß. Risiken und Nebenwirkungen spielen längst keine Rolle mehr. Das Tragische daran ist: Wirklich befriedigende Lösungen des Doping-Problems sind aktuell nicht in Sicht. //

Eine Übersicht über die gängisten Mittel im Breitensport

Schmerzmittel
 
ApirinDer Name des Wirkstoffes ist ein Zungenbrecher: Acetylsalicylsäure (ASS). Wohl fast jeder hat die schmerzstillende Substanz schon einmal eingenommen. Nebenwirkungen: Reizungen, Sodbrennen und selten auch Blutungen von Magen- und Darmschleimhaut.
 
Ibuprofen - Es zählt zur Klasse der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR). Ibuprofen wird bei leichten bis mittleren Schmerzen angewandt. Nebenwirkungen: Häufig Magenschmerzen, Übelkeit und Durchfall. Selten Schwindel, Kopfschmerzen.
 
Tramadol - Aus der Gruppe der opioiden Schmerzmittel. Es wird zur Behandlung von mittelstarken und starken Schmerzen eingesetzt. Nebenwirkungen:  Schwindel, Benommenheit und Übelkeit. Aber auch Entzugserscheinungen wie Depressionen, Schlaflosigkeit, Stimmungsschwankungen und Zittern.
 
Paracetamol - Der Wirkstoff gehört zu den Nichtopioid-Analgetika. Selten bis sehr selten treten Störungen der Blutbildung, allergische Reaktionen, Bauchschmerzen, Übelkeit, ein Anstieg der Leberwerte oder eine Verkrampfung der Luftwege mit Luftnot auf. Eine Überdosierung von Paracetamol kann schwere Leberschäden zur Folge haben. 

Klassische Dopingmittel

Erythropoetin (EPO) - Bei EPO handelt es sich um ein körpereigenes Hormon, das die Bildung roter Blutkörperchen stimuliert. Seit 2000 nachweisbar, fliegt man mit Mikro-Dosen von EPO aber auch heute noch unter dem Radar der Fahnder. Risiken: Wird das Blut zu dick, drohen Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch die Krebsgefahr steigt mit Epo an.

Testosteron - Es gilt als „Doping der Deppen“ (Werner Bartens). Trotzdem wird künstlich zugeführtes Testosteron immer noch bei 70-80 Prozent aller aufgedeckten Dopingfälle nachgewiesen. Mit Testosteron wächst die Masse. Gleichzeitig verkürzt es die Regenerationszeit der Muskeln. Beliebt sind vor allem Hodenpflaster.

GW1516 - Erste Stufe des Gen-Dopings: Die Substanz GW1516 greift in den Muskelstoffwechsel ein. Sie vermehrt die Muskelmasse und erhöht den Trainingseffekt um bis zu 70 Prozent – nachgewiesen im Tierversuch. Risiken für Herz und Lunge sind bisher nicht erforscht.

Diuretika - Diuretika fördern die Flüssigkeitsausscheidung des Körpers und erschweren so den Nachweis von anderen Substanzen. Beliebt sind vor allem die Präparate Furosemid und Hydrochlorothiazid. Nebenwirkungen: Schwere Störungen des Elektrolyt-Haushaltes bis hin zu Herzrhythmusstörungen

 

Experten-Meinungen

Fritz Sörgel

„Vielleicht wird sich eines Tages herausstellen, dass zwar die Radfahrer die riskantesten Medikamentenorgien machten, das Drumherum aber weniger schlimm war. Die Gesamtsumme, um die es im Radsport ging, war dann doch geringer als im Fußball.“ (Professor und Direktor IBMP Nürnberg)

 

Oliver Schwarz

„Ich würde nicht so weit gehen, dass der Breitensport ein Dopingproblem hat, auch wenn uns die Vorfälle der letzten Jahre natürlich auch zu denken geben! Schade ist, dass sich die Medien immer mehr auf diese Thematik versteifen.“ (OK-Mitglied Ötztaler Radmarathon)

 

Eva Bunthoff

„Unser Ziel ist der saubere Sport. Daher begrüßen wir auch Kooperationen mit Rennveranstaltern, nicht nur in Bezug auf die Durchführung von Kontrollen, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Prävention- und Aufklärungsarbeit.“ (Sprecherin der NADA Deutschland)

 

 

Quelle: 

Text: Redaktion RennRad (Daniel Götz); Fotos: Fotolia

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Weltrekord von Kurt Searvogel in 365 Tagen

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10.05.2016
Kurt Searvogel: World Record

Kurt Searvogel: Langstrecken-Weltrekord

122.432 Kilometer oder 76.076 Meilen in 365 Tagen. Das ist mehr, als die meisten Autos auf dem Buckel haben. Das ist dreimal um die Erde. Dagegen ist die Tour de France – 2015: 3.360 Kilometer in 21 Tagen – ein Witz. Der Amerikaner Kurt Searvogel hat den 76 Jahre alten Jahrhundertrekord für die meisten Radkilometer innerhalb eines Jahres gebrochen.

Mann der Extreme

Searvogel übertraf am 10. Januar 2016 die Bestmarke des Engländers Tommy Godwin aus dem Jahr 1939 um satte 1.000 Meilen. Der Amerikaner hielt zuvor schon den Altersklassen-Rekord (50-54 Jahre) beim Race Across America. Er ist ein Mann der Extreme. Seine Vita liest sich wie die eines Hollywood-Stars. Zeitungsjunge, Wrestler, Army-Offizier, Unternehmer, Extremsportler und jetzt Inhaber des Highest Annual Mileage Record (HAM‘R). 

Jedes Teilstück seiner Rekordfahrt hat Searvogel täglich auf Strava hochgeladen. Die UltraMarathon Cycling Association (UMCA) hat den Rekord bereits anerkannt. Auf seinen Runden in mehreren amerikanischen Bundesstaaten wurde er von Radfahrern begleitet, die ihm auch Windschatten geben durften. Das Reglement erlaubte das. Zwischenzeitlich gestört wurde das Projekt HAM‘R nur durch Herzrhythmusstörungen und zwei Unfälle, bei denen er angefahren wurde. Einen weiteren kleinen „Störfaktor“ für seinen Kilometerplan stellte seine Hochzeit dar. Searvogel fuhr an dem Tag „nur“ 280 Kilometer.  

335 Kilometer pro Tag

Den Rekordversuch ermöglichte sich der 53-Jährige durch seinen progressiven Aufbau. Saß er am Anfang nur sechs Stunden täglich auf dem Rad, waren es in den Spitzenzeiten bis zu elf. Dementsprechend gehandicapt kämpfte Searvogel gegen Ende mit Sitzproblemen und von der Sonne gezeichneter Haut. Immer wieder wechselte er zwischen einem Liegerad und einer Triathlonmaschine. Deshalb ist seine Leistung mit der seines Rekordvorgängers Tommy Godwin nur schwer zu vergleichen. Der Engländer fuhr 1939 unter teils abenteuerlichen Bedingungen und mit weit schlechterem Material durch Großbritannien. Searvogels durchschnittliche Kilometerleistung lag bei 335, am Tag.

 

 

Infos zur Person

Kurt Searvogel ist 53 Jahre alt und stammt aus Wisconsin, USA. Er war in der dortigen Ringerauswahl und baute eine Software-Firma auf. 2004 begann er mit dem Radsport. 

 

 

Quelle: 

Foto: Searvogel

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Neues Rennen am Nürburgring

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19.05.2016
Rad Rennen am Nürburgring: Rudi Altig Race Nürburgring 2016

Rudi-Altig-Race für Profi- und Hobbysportler

Lange wurde auf der berühmten Nordschleife kein Radrennen mehr veranstaltet. Am 31. Juli 2016 soll das Rudi-Altig-Race diese Lücke schließen. Alle Infos dazu gibt es hier.

Erstmals seit 38 Jahren gibt es wieder ein Profi-Radrennen am Nürburgring. Am 31. Juli wird auf der legendären Nordschleife des Formel-1-Kurses das «Rudi-Altig-Race» ausgetragen. Dies gaben die Veranstalter am Mittwoch bekannt. «Der Nürburgring ist nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt bekannt. Auf dieser schwierigen Strecke ein Rennen zu gewinnen, war und ist etwas Besonderes», sagte Altig im Rahmen einer Pressekonferenz. Der 79-Jährige war 1966 auf diesem Kurs Straßen-Weltmeister geworden. Das Rennen ist eingebettet in die dreitägige Veranstaltung «Rad am Ring», bei der es auch verschiedene Wettbewerbe für Hobbyfahrer und Mountainbiker gibt

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dpa, Cor Vos

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Rad am Ring: Team Strassacker dominiert

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01.08.2016
Rad am Ring 2016: Ergebnisse

Florian Vrecko siegt auf der Nordschleife

Die 150 km auf der berühmten Nordschleife gehören zum härtesten, was der Rennkalender des GCC hergibt, denn es summieren sich ca. 3000 HM auf den sechs Runden durch die Eifel. Das Team Strassacker bestätigte mit dem Tagessieg in der Einzelwertung durch Florian Vrecko, dem dritten Platz durch Nils Kessler und dem Sieg in der Teamwertung seine Stellung in der Jedermann-Branche.

Schon vor dem Start schaute man beim Team Strassacker meistens in entspannte und zuversichtliche Gesichter, denn die meisten Fahrer hatten durch die Tour de Kärnten oder die Tour Transalp dieses Jahr schon einige Rennkilometer in den Bergen gesammelt und gingen mit guter Form ins Rennen. So galt die taktische Devise, das Feld vorne zu kontrollieren, bei der einen oder anderen Ausreißgruppe hineinzuschlüpfen und erst ab der vierten Runde dem Rennen den Stempel aufzudrücken. In diesem wurde dann direkt vom Start weg ein hohes Tempo angeschlagen, doch die Fahrer in Celeste waren von Beginn an hellwach und beteiligten sich an der Renngestaltung. Etwa Niklas Frambach, der kurzzeitig in einer kleinen Ausreißergruppe vertreten war oder Florian Anders und Christian Thomas, die in den flacheren Passagen der Runde versuchten das Tempo hochzuhalten.

Erste Selektion in der vierten Runde

In der vierten Runde wurde es dann im Aufstieg zur hohen Acht das erste Mal richtig ernst und es kam zur ersten Selektion des Tages. Ganz vorne mit dabei waren Florian Vrecko, Nils Kessler und Daniel Eisele, die sich gemeinsam mit drei Fahrern des Team Bürstner (Manuel Kirfel, Julian Horstmann und Marek Bosniatzki) sowie dem bereits 48-jährigen Bernd Hornetz von der bisherigen Spitzengruppe absetzen konnten.

Finale Attacke an der „Hohen Acht“

In der sechsten Runde forcierten Florian Vrecko und Bernd Hornetz relativ früh im Anstieg das Tempo und die Spitzengruppe zerfiel. Schließlich konnte nur noch Nils Kessler dem Tempo der beiden folgen, die nun versuchten konstant weiter zu fahren, sodass sich die Lücke immer weiter vergrößerte. So gingen die drei mit einem ordentlichen Vorsprung auf das abschließende „Flachstück“, wo die Gruppe weiter sehr gut harmonierte. Im letzten kleinen Anstieg kurz vor dem Ziel blieb Florian dann am taktisch klug am Hinterrad von Bernd Hornetz und zog seinen Spurt zum Sieg am Beginn der Zielgerade an. Nils zeigte sich sportlich fair und rollte als Dritter über die Ziellinie, womit er auch sehr zufrieden war. Daniel Eisele sprintete aus der Verfolgergruppe auf einen sehr guten siebten Platz, Kai Miebach und Florian Anders folgten in der nächsten Gruppe auf den Plätzen 11 und 12, wodurch der Teamsieg perfekt gemacht wurde. Besonders freute dies Teammanager Franco Adamo, der einen Blick zurück wagte: „Im letzten Jahr mussten die beiden bergigsten Rennen in Frankfurt und hier bei Rad am Ring abgesagt werden, in diesem Jahr gewinnen wir bei beiden Rennen die Teamwertung sowie den 1. und 3. Platz in der Gesamt-Einzelwertung bei Rad am Ring. Einen besseren Ausgleich und Beweis unserer Stärke hätte ich mir nicht wünschen können“.

Erfolge auch auf der Kurzstrecke und in den Altersklassen

Nicht weniger erfolgreich war das Team Strassacker in den Altersklassen, wo David Hörner (Junioren), Nils Kessler (Hauptklasse) und Florian Vrecko  (Masters 1) den ersten Platz belegten. Auf den 75 Kilometern konnte sich Peter Weingrill zudem über den 3. Platz bei den Masters 2 freuen (23. Gesamt).

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PM Strassacker

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Robert Petzold: 21100 Höhenmeter in 24 Stunden

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01.08.2016
Höhenmeter-Weltrekord: Robert Petzold Holzhau 2016

Der Weg zum Höhenmeter-Weltrekord

Robert Petzold hat ein Ziel: den Weltrekord. Den für die meisten gefahrenen Höhenmeter innerhalb von 24 Stunden. Ein Tag und eine Nacht auf dem Rennrad – während denen er fast 1000 Höhenmeter pro Stunde schaffen muss.

Ende Juli ist es endlich soweit. In 24 Stunden möchte ich so viele Höhenmeter fahren wie noch nie jemand zuvor. Die magische Zahl lautet: 21086. Diese Höhenmeterzahl will ich überbieten. Mit jedem Tag steigt die Spannung und der Weltrekord rückt stärker in den Fokus. War die Umsetzung im letzten Herbst nicht mehr als eine Vision, scheint das Rekordvorhaben nun bereits in greifbarer Nähe. Zumindest wenn der Wettergott nicht besonders zornig ist und uns in Holzhau von Sturm und Starkregen verschont. Die Vorbereitung war ein Marathon für sich – sie kostete nicht nur Zeit, Schweiß und Nerven. Doch jetzt steht der logistische Rahmen soweit.

Der Tag X ist schon nahe: der 30. Juli. Dann muss ich eigentlich „nur“ das tun, was ich liebe: Mit dem Rennrad bergauffahren. Nur eben ziemlich lang und ziemlich ausdauernd, 24 Stunden lang, ohne Schlaf, mit möglichst wenigen Pinkelpausen.

Das Training von Robert Petzold

Mehr als 400 Trainingsstunden in diesem Jahr haben meinen Körper dorthin gebracht, wo er sein soll. Möglichst austrainiert und nahe an der Topform. Das Training verlief bisher ohne negative Vorkommnisse, also frei von Erkältungen und Verletzungen. Nur ein Sturz hatte ich im Mai auf einer nassen Straße. Beim Einbiegen in einen Kreisverkehr rutschte einfach das Vorderrad weg. Glücklicherweise blieb der Körper unversehrt. Bewusstseinsschärfung nennt man das wohl. Denn wie schnell kann durch eine einzige Nachlässigkeit der Traum platzen?

Sport kann bitter böse sein, vor allem wenn man sich auf einen einzigen Saisonhöhepunkt konzentriert und die letzten Wochen zum Tanz auf der Rasierklinge mutieren. Wenn der Körper mit seinen nur noch 60 Kilogramm nicht mehr wie eine sichere Festung ausschaut, sondern angreifbar und verletzlich ist. Was bleibt, ist das Vertrauen in sich und an die Wirkung von Ingwer-Fencheltee. Der immer dann in rauen Mengen zum Einsatz kommt, wenn sich nach einer besonders intensiven Trainingseinheit auch nur das kleinste Kratzen im Hals meldet oder die Atemwege auch nur die geringsten Anzeichen von Verschleimung zeigen. Bisher ist diese Strategie von Erfolg gekrönt – möge es in den letzten Wochen so bleiben.

Mehr Kilometer

Gut 12.000 Kilometer habe ich seit Januar abgespult. Waren es in den Wintermonaten noch beschauliche 1000 Kilometer, steigerten sich die Umfänge bis auf 2500 Kilometer pro Monat. Schnürte ich im Januar die Laufschuhe oder packte die Badehose ein, um meine Bahnen zu schwimmen, vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem ich nicht auf dem Rennrad sitze. Und wenn es nur kurze regenerative Einheiten sind, die ich gerne mit notwendigen Stadtwegen hier in Dresden verbinde.

Wochen mit bis zu 26 Trainingsstunden stehen auf meinem selbst gebastelten Trainingsplan. Progression ist das Motto. Es wäre für mich unvorstellbar, bereits im Winter oder im zeitigen Frühjahr ein verhältnismäßig großes Grundlagenpensum von 2000 Kilometern abzuspulen. Ebenso wenig mag ich hochintensives Intervalltraining im Winter. Zu groß ist die Erkältungsgefahr. Wozu auch, wenn man keinen eng gesteckten Rennkalender hat? Die Winterzeit ist eine Erholungszeit für den Körper und den Geist. Auch wenn es nicht schön zu sehen ist, wenn die Leistungswerte im Dezember rapide fallen. Aber solange es jedes Jahr im Frühjahr wieder aufwärts geht und die Leistungswerte vom Vorjahr überboten werden, gibt es kein Grund, etwas an diesem Trainingszyklus zu ändern.

Zehn Prozent zum Profi

Beim Bergzeitfahren von Krupka zum Mückentürmchen, das am tschechischen Erzgebirgssüdhang auf 5,5 Kilometern Länge 508 Höhenmeter überwindet, konnte ich Mitte Mai mit einer Zeit von 18:03
Minuten den bisherigen Streckenrekord egalisieren. Eine um fünf Watt höhere Durchschnittsleistung im Vergleich zum Vorjahr gibt mir die Zuversicht, mich weiter zu verbessern und in diesem Jahr noch einen Schritt nach vorn gemacht zu haben. Bei etwa 5,5 Watt pro Kilogramm Körpergewicht steht die Schwellenleistung derzeit. Das sind gut zehn Prozent unter dem Niveau eines Grand-Tour-Siegers, die über einen Zeitraum von bis zu einer Stunde sechs oder mehr Watt pro Kilogramm treten können. Probieren, was physiologisch natürlich möglich ist, treibt mich an. Langfristig, Jahr für Jahr das Training durchzuziehen und besser zu werden.

Im Selbstversuch herauszufinden, wo körperliche Grenzen liegen, dieser Gedanke ist die pure Neugierde in einer Sportwelt, der es nicht an Scheinheiligkeit mangelt, in der man Spitzenleistungen mit kritischem Verstand leider per se in Frage stellen muss und beinahe täglich über neue Dopingvergehen liest. Ich weiß nicht, welche Weltklasseleistungen im Sport sauber erbracht werden und wie sehr durch leistungssteigernde Mittel nachgeholfen wird. Auch ich bewege mich im Leistungssport und messe mich daher zwangsweise mit der Leistung von anderen Sportlern, für die ich nicht die Hand ins Feuer legen kann. Ich weiß nur, was ich mache und ich sage ganz offensiv: Ich betreibe meinen

Leistung ohne Doping

Sport ohne jegliche Hilfe von Doping und nutze keinerlei Medikamente. Unschuld zu beweisen ist leider nicht möglich. Zur Erlangung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit ist es umso wichtiger, möglichst transparent zu sein. Auf der Trainingsplattform Strava veröffentliche ich jede Radfahrt mit Herzfrequenz und Leistungswerten und beantworte dort gern Fragen. Zudem ist auf meiner Homepage wöchentlich mein Trainingsplan einzusehen. Gern würde ich noch mehr Transparenz schaffen, indem wir mit einem unabhängigen Partner Blutwerte veröffentlichen, doch dazu fehlt es mir noch an entsprechenden Kontakten und Know-How. Falls mich jemand diesbezüglich unterstützen möchte, würde ich mich freuen.

Ein gutes Omen

An dieser Stelle sei eine Anekdote erwähnt, die aus meinem ersten RennRad Artikel in der Ausgabe 4/16 resultierte. Der international bekannte Tiroler Sportmoderator Othmar Peer, alljährlich Kommentator des Ötztaler Radmarathons, war so begeistert von meinem Vorhaben, dass er mich nach Lesen des Artikels prompt fragte, ob er nicht das Event in Holzhau moderieren dürfe. Nachdem wir auf Facebook ein bisschen miteinander schrieben und per Telefon die letzten Details geklärt hatten, wird Othmar Peer nun in Holzhau für Stimmung sorgen und den Weltrekordversuch moderieren. Bereits vor zehn Jahren war er Sprecher bei einem 24-Stunden-Höhenmeter-Weltrekordversuch, den damals Franz Vernier in Österreich erfolgreich abschließen konnte. Ein gutes Omen also für mich.

Mehr Infos zum Weltrekord von Robert Petzold: www.petzracing.de

 

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Fotos: Arno Burgi; Text: Robert Petzold

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Kommentar - Deutschland und Leistungssport: Eine Entfremdung

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11.08.2016
Kommentar: In Deutschland hat der Leistungssport keinen Stellenwert mehr

Der Leistungssport hat hierzulande keinen Stellenwert

Einerseits herrscht hierzulande ein nie dagewesener Fitness-, Bio-, Personal-Training-, Vegan-, Paleo-, schlicht: ein Gesundheitswahn. Andererseits erodiert der Leistungssport. Denn sein Stellenwert sinkt.

Ein neues gesellschaftliches Ideal hat sich entwickelt. Heute muss man gesund und fit sein, mit geringem Körperfettanteil, makelloser Haut, mens sana in corpore sano. Letztlich heißt das: Man muss funktionieren. Man optimiert sich für die Karriere. Keine junge Generation war je so angepasst, so brav, so stromlinienförmig wie die jetzigen Schüler und Studenten, die Generation Bachelor. Die Mittelschichts-Jugend besteht darin, gute Noten zu sammeln, an eine gute Uni zu kommen, Praktika bei den richtigen Firmen zu machen – und das vor allem schnell. So steht man nach seinem Bachelor-Abschluss dem Arbeitsmarkt im „Optimalfall“ schon mit 20 oder 21 zur Verfügung. Das ist, was Arbeitgeber und Politik wollen. Eine lange Lebensarbeitszeit, niedrige Einstiegslöhne, Formbarkeit, Flexibilität. 

Diese Selbstoptimierung setzt sich in der wenigen Freizeit fort, die neben dem verschulten, durchgetakteten Ausbildungs- oder Arbeitsleben bleibt. Man geht ins Fitnessstudio und formt seinen Körper, wie man seinen Lebenslauf formt. Immer in der Absicht den eigenen Marktwert zu steigern. Leistungssport ist aus Sicht der Wirtschaft, der Politik und des typischen Vertreters dieser Generation „unvernünftig“ , es fehlt die Rendite – mit Ausnahme der wenigen Sportarten, in denen man als Athlet reich werden kann.

Ein Abstieg

Sport, der heute einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert erreichen will, muss vor allem eines: unterhalten. Die Entertainment-Industrie um medial gepushte Event-Sportarten wie Biathlon und vor allem den keinen anderen neben sich duldenden Gott unter den Sportarten, Fußball, verdient Milliarden. Zum Vergleich: Den gesamten Spitzensport Deutschlands fördert das Bundesinnenministerium mit rund 130 Millionen Euro jährlich. Das sind 100 Millionen weniger als der FC Bayern München pro Jahr für sein Personal ausgibt. Bei den vergangenen Olympischen Winterspielen holten deutsche Athleten 43 Prozent, bei den Sommerspielen 66 Prozent weniger Medaillen als vor rund drei Jahrzehnten. Die Leistungen an der Spitze der Sportpyramide werden schwächer. Und auch die Basis wird immer schmaler – und bröckelt weg. Das liegt zum einen an der Demographie: 2014 lebten rund 19 Prozent weniger Kinder bis 14 Jahre in Deutschland als noch 20 Jahre zuvor. Zum anderen am heutigen Lebensstil. In einer Studie des Robert-Koch-Instituts wurde festgestellt, dass es 86 Prozent der vier- bis 17-Jährigen nicht schaffen, eine Minute lang auf einem Bein zu stehen. 43 Prozent erreichen beim Rumpfbeugen den Boden nicht. Die Sprint-Studie ergab, dass die durchschnittliche Beweglichkeit der Kinder, ihre Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft in den vergangenen 25 Jahren um zehn bis 15 Prozent zurückging. Diese Entwicklung wird so weitergehen. Dazu tragen der weitere Ausbau der Ganztagsschulen, der bewegungslose, sitzend auf kleine oder große Bildschirme zu starren ausgerichtete Lebensstil sowie der sinkende Stellenwert des Leistungs- und Schulsports genauso bei wie die zunehmende Angst vor dem sozialen Abstieg. Die einzige Hoffnung wäre ein Gegensteuern der Politik. Eine Aufwertung und Ausweitung des Schulsports, ein Stärken der Vereine und Verbände, ein Lichten des wuchernden Bürokratie-Dschungels, ein Orientieren an den Verbands- und Förderungs-Strukturen erfolgreicher Länder. Dies wird sicher bloßes Wunschdenken bleiben.  //

 

 

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Foto: Amann, Vos

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Bernd Hornetz gewinnt Ötztaler Radmarathon

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29.08.2016
Sieg Ötztaler Radmarathon Bernd Hornetz 2016

Ötztaler-Sieg mit 48 Jahren

Deutscher Doppelsieg beim Ötztaler Radmarathon. Bernd Hornetz gewinnt den „Ötzi“ in Radmarathons in 6:57:04 Stunden vor Jörg Ludewig. Beste Dame wird die Schweizerin Laila Orenos mit neuem Streckenrekord.

„Eine unglaubliche Geschichte für mich und auch ein unglaubliches Rennen“, fasste Bernd Hornetz seine Freude nach dem Sieg in Worte. Der Zweitplatzierte, Jörg Ludewig, brachte es noch prägnanter auf den Punkt: „Die Rentnerband hat zugeschlagen. “Denn dass Leistung nicht unbedingt etwas mit dem Alter zu tun hat, das bewiesen  die beiden Erstplatzierten. Der Deutsche Bernd Hornetz gewann nach vielen Anläufen nun im zarten Alter von 48 Jahren und einer Sensationszeit den Ötztaler. Ex-Profi Jörg Ludewig holt sich mit 40 Jahren seine bisher beste Platzierung beim wichtigsten Radmarathon der Alpen. „Der Sieg bei so einem Rennen hätte ich mir unter den Umständen schon gar nicht zugetraut. Gut fahren und gut platzieren schon“, so erklärte Bernd Hornetz seine Siegfahrt im Ziel.

Der Jaufenpass sortiert das Feld

Wie fast jedes Jahr hat der Jaufenpass das gesamte Spitzenfeld sortiert und die wahren Favoriten hervorgebracht. Bernd Hornetz, Jörg Ludewig und Philipp Schäddel (alle aus Deutschland) bildeten bis zum Jaufenpass gemeinsam mit dem Südtiroler Werner Weiss eine Vier-Mann-Spitze. Aber am Jaufenpass und Timmelsjoch blieben dann nur noch Hornetz und Ludewig übrig. „Ich bin erst sehr spät in die Marathonszene eingestiegen“, erzählte Bernd Hornetz im Ziel. „Den Ötztaler zu gewinnen, das ist wie die Weltmeisterschaft der Marathonszene – und heuer habe ich es endlich geschafft.“ Hornetz wird schon seit vielen Jahren als einer der Favoriten gehandelt, konnte aber bisher sein hohes Anfangstempo nicht durchhalten. Heuer ist es ihm gelungen und das in einer Sensationszeit von 6:57.04.

Dem Sieger zollt auch der Zweitplatzierte Jörg Ludewig sehr viel Respekt. „Ich habe vier Stunden lang sein Hinterrad gesehen. Er hat verdient gewonnen und ich bin sehr glücklich, wieder beim Ötztaler auf dem Podest zu stehen“, erklärt Ludewig. Platz 3 geht 2016 nach Italien. Stefano Cecchini holt sich den dritten Podestplatz mit einer eindrucksvollen Aufholjagd am Jaufenpass und Timmelsjoch.

Neuer Streckenrekord bei den Damen

Besonders heiß umkämpft war heuer der Titel der besten Dame beim Ötztaler Radmarathon. Hier fiel die Entscheidung zugunsten der Schweizerin Laila Orenos erst am Timmelsjoch. Bis dahin war das Damenrennen vollkommen offen und ein spannender Dreikampf zwischen Österreich, Italien und der Schweiz. Laila Orenos (SUI), Simona Parente (ITA) und die Tirolerin Daniela Pintarelli (Ö) haben dieses Jahr erbittert um den Sieg bei den Damen gekämpft und waren extrem schnell unterwegs.  Orenos konnte ihren Vorjahressieg wiederholen und mit 7:42.29 Stunden einen neuen Streckenrekord für die Frauen aufstellen. Platz 2 ging an die Italienerin Simona Parente, die am Timmelsjoch rund fünfeinhalb Minuten verlor. Platz 3 holte sich die Österreicherin Daniela Pintarelli mit einem Rückstand von 9.46 Minuten

 

Quelle: 

Fotos: Ernst Spreng, Ernst Lorenzi, Ines Mair, Ötztaler Tourismus

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Verspricht Spektakel: Rapha Supercross 2016

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26.09.2016
Rapha Supercross München 2016

Cyclocross im Olympiapark München

Bereits zum dritten Mal wird am 29. und 30. Oktober 2016 der Rapha Super Cross im Olympiapark München ausgetragen. Was 2014 als Eintages-Veranstaltung mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft zum Sport begann, hat sich zu dem Cyclocross Festival im deutschsprachigen Raum gemausert.

Als zweitägige Veranstaltung bietet der Rapha Super Cross Querfeldein-Radsport für jeden: Anfänger und Genussfahrer können sich bei Cross Workshops und einem längeren Gravel Ride an den Sport herantasten.  Jedermänner und Hobby-rennfahrer kommen auf einer weltmeisterlichen Rennstrecke durch Schlamm und über Tragepassagen bei den Rapha Super Cross Rennen auf ihre Kosten. Mike Kluge – Querfeldein-Weltmeister der Amateure im Jahre 1985 –  gewann im letzten Jahr und will seinen Titel 2016 verteidigen.

Deutschland Cup für Lizenzfahrer

Die lizensierten Rennfahrer dürfen sich im Oktober auf eine Aufwertung der Rennen freuen, da es den Organisatoren des Rapha Super Cross gelungen ist den Deutschland Cup in den Olympiapark zu holen. Damit sind die Lizenzrennen im Rahmen des Rapha Super Cross Teil der nationalen Deutschland Cup Serie und garantieren als Qualifikationslauf für die Deutsche Meisterschaft ein hochkarätiges Fahrerfeld.

Wie bereits in in den Vorjahren wird der Rapha Super Cross auch Bühne für die finalen Rennen des MTB Isar Cups sein, einer Rennserie für den bayrischen Nachwuchs, die sich mit 150 Teilnehmern über alle Altersklassen sehr großer Beliebtheit erfreut.

Große Expo-Area

Im Expo Village um den Start- und Zielbereich finden Radsportler wie Zuschauer eine attraktive Ausstellung von zahlreichen Firmen aus der Radsportszene. Testräder und Produktneuheiten, Speisen und Getränke, sowie das bereits bekannte Bierzelt mit Blasmusik sorgen für beste Unterhaltung. Rapha wird zudem einen zweitägigen Pop Up Store im Olympiapark eröffnen.

Der Olympiapark München bietet als Veranstaltungsort aufgrund seiner zentralen Lage und enormen Größe nicht nur einen idealen Austragungsort aus sportlicher Sicht, sondern ist zugleich auch historisch gesehen eine Kultstätte des Querfeldein-Radsports: 1985 und 1997 fanden hier die Weltmeisterschaften statt und damit ist der Park ein Garant für eine attraktive und anspruchsvolle Streckenführung.

Quelle: 

Pressemitteilung Rapha, Redaktion RennRad

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Speed-Ville: Interview-Sessions #5

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05.10.2016
Speed-ville.de Bernd Hornetz. Interview

Der Rennrad-Blog für Jedermann

Daniel Müller ist leidenschaftlicher Rennradfahrer und betreibt seit Jahren erfolgreich seinen Blog für Jedermannsportler: speed-ville.de. In der neuen Interview-Session spricht er auch diesmal mit interessanten Gästen.

Die Themen:

Ein sehr offenes Interview mit Ötztaler Radmarathon-Gewinner Bernd Hornetz: "Ich möchte mich konkret dafür einsetzen, dass bei den Rennen mehr Kontrollen stattfinden!". Das haben bis jetzt noch nicht so viele Ötzi-Gewinner offen gesagt. Zudem ist Bernd Hornetz jederzeit bereit, mit der deutschen Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) zu kooperieren, in dem die NADA...., –  lest selbst

Weitere Interviewgäste sind Ex-KT-Profi und RennRad-Autor Jonas Leefmann, der von seinem spannendem Abenteuer als Jedermann am Hinterrad von Toni Martin berichtet.

Mit Martin Lang (Canyon) sprach ich über die heiße Zeit vor einem Jahr, als es die massiven Lieferschwierigkeiten bei Canyon gab. Wenn einer kühlen Kopf bewahren musste, dann war das Michael als Direktor des Kundenservices...

Daniel Knyss verrät uns in der neuen Serie "Herzensangelegenheit", bei was sein Herz schneller schlägt – und hier ist ausnahmsweise mal nicht seine Maria gemeint.

HIER GEHT'S ZUM DOWNLOAD DER INTERVIEW-SESSIONS #5

Quelle: 

Redaktion RennRad; Foto: SpeedVille.de

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Das Stilfser Joch - die Königin der Alpenstraßen

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20.10.2016
Das Stilfser Joch - die Königin der Alpenstraßen.

 

Das Stilfser Joch - die Königin der Alpenstraßen

 

Unser Autor Volker Buchholz erfüllte sich einen lang gehegten Traum: die Fahrt auf das Stilfser Joch. Der Pass gehört zu den anspruchsvollsten und spektakulärsten Anstiegen im gesamten Alpenraum. Nebenbei prüfte er in der langen Abfahrt noch das Bremsverhalten von Carbon-Laufrädern. 

 

Jeder hat Träume – doch oft spielt die Zeit gegen den Träumenden. Vor allem wenn man von großen Herausforderungen träumt. Deshalb sollte man bei immer wiederkehrenden Träumen vor allem eines tun: Sie wahr werden lassen.

Wer von den großen Alpenpässen träumt, der sollte das in seinen besten Jahren realisiert haben. Was mich betrifft, muss ich zugeben, meinen Traum vom Stelvio schon etwas vertrödelt zu haben. Jetzt bin ich fast so alt, wie mein Rennrad-Rahmen hoch ist – es wurde also höchste Zeit. Allerdings hatte der zeitliche Verzug auch was Gutes: Als fähigen Mitstreiter konnte ich meinen fast siebzehnjährigen Sohn Timo gewinnen. Als Vater ist es immer etwas Besonderes, mit einem Teil seiner Familie gemeinsame Abenteuer zu bestehen; zumal der „Kurze“ auch schon 1,80 Meter misst und mir in fast allen Bereichen des Rad- sports überlegen ist. Ja, fast. Nur im „Spitzkehrenfahren“ bin ich noch ein wenig schneller, was nur auf reichlich Er- fahrung beruht.

1800 Höhenmeter

Genauso ungewöhnlich wie mein Traum ist seine Entstehung. Schon seit meiner Jugend hatte ich ein Faible für die Bewegung auf zwei Rädern, fuhr drei Jahre lang Radrennen auf Straße und Bahn. Mittelmäßige sportliche Erfolge und die pflichtmäßige Bundeswehrzeit unterbrachen meine Zeit als Radrennfahrer. Es folgten viele Jahre mit einem motorisierten Zweirad, einer 750-er BMW, mit der auch der „Erstkontakt“ zum Stilfser Joch erfolgte. Nie vergessen werde ich den Anblick der zahlreichen italienischen Rennradfahrer, die sich die Nordrampe emporkämpften – und die zahllosen glücklichen Gesichter auf der Passhöhe. An diesem Tag wurde mein Traum geboren.

Unsere Vorbereitung gestaltete sich höchst unterschiedlich. Timo baute zusätzliche Höhenmeter in sein Training ein und recherchierte im Internet bei Strava die Fahrzeiten, die die Profis für den Anstieg benötigten. Die Bestzeiten lagen bei 1:22 Stunden von Prad bis zur Passhöhe – 25 Kilometer mit 1845 Höhenmetern am Stück. Es geht bis 2757 Höhe über dem Meer hinauf. Die Besten fahren hier mit einem 18er Schnitt hinauf. Timo schätzte seine eigene Fahrzeit auf knapp zwei Stunden, das war’s. Seine Vorgehensweise würde ich mit jugendlicher Unbefangenheit und Kampfgeist beschreiben.

Mein Ziel war es, souverän und ohne Einbruch das Joch zu bezwingen. Ich recherchierte in meinen Büchern über Alpenpässe, notierte eine Durchschnittssteigung von neun Prozent und eine Maximalsteigung von 15 Prozent, letztere aber nur auf wenigen hundert Metern Länge. Weiter wählte ich ein Rennrad mit tauglicher Bergübersetzung: vorne 50/34 Zähne und hinten elf bis 32. Im Training standen nun lange Steigungen gepaart mit höheren Trittfrequenzen auf dem Plan, mindestens 80 Umdrehungen pro Minute.

In der gesamten Alpenliteratur wird das Stilfser Joch hinsichtlich seiner landschaftlichen Schönheiten in den höchsten Tönen gelobt. Ein Autor beschreibt es mit „Die Königin der Alpenstraßen“, auch wenn es nur der dritt- höchste Pass ist. Ein anderer nennt den Nordanstieg „Stairway to Heaven“, Led Zeppelin lässt grüßen.

Noch 48 Kehren

Endlich geht es los. Wir parken mit dem Auto in Prad, bestücken unsere Rennräder jeweils mit zwei Trinkflaschen, Radcomputer nullen und die korrekte Höhe von 913 Metern eingeben. Ein wenig Anspannung macht sich breit, ähnlich wie vor einem Rennen. Es ist fast zehn Uhr, die Luft ist noch angenehm kühl, das zunächst schmale Tal wird nicht mehr lange im Schatten der hohen Bergriesen liegen. Geplant ist die klassische Runde vom Stilfser Joch über den Umbrailpass zurück nach Prad. Auf den ersten Kilometern begleitet uns der breite Suldenbach, wir queren ihn mehrfach. Die Gischt von kleineren Wasserfällen sorgt stellenweise für kalte und feuchte Luft über der Fahrbahn, ein angenehmes Mikroklima gewissermaßen. Nach einigen Kilometern und zunächst maßvollen Steigungsprozenten ruft mir Timo zu: „Jetzt geht’s los!“ Er hatte das erste Schild der 48 rückwärts durchnumme- rierten Spitzkehren entdeckt, „48, Kehre, tornante“ stand drauf. Der eigentliche Anstieg beginnt nun. Der Count- down läuft. Kurz darauf erreichen wir das Dörfchen Gomagoi, das im Sommer wie ausgestorben ist.

Bremstest

An der Kehre Nummer 24 haben wir die Baumgrenze bei gut 2000 Metern längst überschritten und es eröffnet sich der Blick auf den berüchtigten Schlussanstieg. Die verbleibenden Spitzkehren verlaufen im steten Zickzack am kahlen Berghang zum Gipfel – das bekannte Postkartenmotiv. Links von uns erhebt sich das Ortlermassiv auf fast 4000 Meter Höhe. Rund zwei Drittel der Höhenmeter sind gemacht. Ab jetzt haben wir unser Ziel stets vor Augen, eher motivierend als abschreckend, denn bis jetzt lief es bei uns „rund“. Das liegt auch an einigen kurzen Fotopausen. Längst fahren wir in der prallen Sonne. Timo verabschiedet sich nach vorn, will endlich sein eigenes Tempo fahren. Auf der Passhöhe begrüßt er mich grinsend mit einem „Da bist du ja endlich.“ Ein richtiges Kompliment ist das nicht. Aber er hat mir schon knapp zehn Minuten abgeknöpft. Zielstrebig steuern wir eines der vielen Cafes an. Es herrscht Kirmesatmosphäre. In der Luft liegt der Geruch von Bratwurst.

Die lange Abfahrt werden wir nun nicht nur genießen, sondern auch nutzen. Der letzte Laufrad-Test (siehe RR 9/2015) oblag meinen Händen. Dafür prüfte ich die Steifigkeiten und Komfortwerte der Laufräder im Labor. Heute geht es um den harten Praxiseinsatz. Um die Bremsleistungen zweier Satz Carbon-Laufräder. Timo hatte sich für die leichten Supreme 4c entschieden. Sie hinterließen im Test einen im aerodynamischen Sinn „schnellen Eindruck“ und bringen nur 1329 Gramm auf die Waage. Ich bestückte mein Rennrad mit den nur rund 70 Gramm schwereren Campagnolo Bora One 35. Diese punkteten mit einem vorbildlichen Bremsverhalten.

Konstantes Dauerbremsen ist laut der Hersteller bei Carbonfelgen untersagt, weil es unzulässig hohe Temperaturen erzeugen, die Bremskraft nachlassen oder der Kleber in der Carbonstruktur weich werden kann. Wir bremsen also knallhart vor den Spitzkehren ab, meist aus rund 70 Kilometer pro Stunde. Nach zehn Vollbremsungen stoppen wir vorsichtshalber und machen einen Temperaturtest der Bremsflanken. Wider Erwarten hält sich die „Bremswärme“ in beiden Fällen in Grenzen. Die Felgen weisen Temperaturen von um 70 Grad auf, liegen also im ganz sicheren Bereich. Gespräche mit den Herstellern im Vorfeld ergaben, dass sich minderwertige Carbonfelgen schon bei 120 Grad auflösen können, Qualitätsprodukte erst bei 150 Grad.

Fast am Ende der langen Abfahrt, in Gomagoi, gibt es noch den finalen Temperatur-Check, der aber keine Änderungen ergab. Einen Energieriegel weiter zeigt Timo auf einen Wegweiser: „Sulden, neun Kilometer“. Es ist sein Ernst. Mental befinde ich mich fast schon im Feierabend- Modus, will aber auch kein Spielverderber sein. Die 650 Extrahöhenmeter fordern uns allerdings weitaus mehr als gedacht. Wir tun uns richtig schwer, noch einmal unseren Bergrhythmus zu finden, das liegt insbesondere an dem längeren Steilstück mit maximal 13 Prozent zu Beginn des Anstiegs. Das Ende des Suldentals entschädigt uns mit eindrucksvollen Ausblicken zum Suldenferner und der vergletscherten Ostseite von „König Ortler“. Sulden ist ein echtes Eldorado für Bergwanderer, es bietet ein weit verzweigtes Wegenetz und mehrere hochgelegene Schutzhütten. Glücklich und zugleich stark entkräftet lassen wir uns in einem noblen Cafe im Zentrum nieder, zelebrieren einen kalorienreichen und ausgedehnten „Kaffeeklatsch“.

Neue Träume

Zwei Tage später steht die nächste Herausforderung an: Die klassische Runde „Stilfser Joch – Umbrail-Pass“ starten wir nicht weniger vorbereitet und angespannt als bei unserer Erstbezwingung. Timo visiert eine gute Fahrzeit an und spricht motivierend: „Papa, gib’ mir mal ein paar Euro, damit ich oben nicht verdurste, wenn ich solange auf dich warten muss.“ Ich rücke einen Zehner raus und los geht’s. Timo entfernt sich zügig aus meinem Blickfeld, er will es heute wissen.

Es hat schon etwas Gutes, wenn man das Stilfser Joch bereits kennt: Es ist ein langer, aber fairer Anstieg, mit einer recht gleichmäßigen Steigung, keine fiesen Rampen, sogar mit zwei kürzeren Bergabpassagen. Oben angekommen sehe ich Timo entspannt auf einer Mauer sitzen. Er strahlt mich an und ruft schon von weitem: „1:49 Stunden! Eine halbe Stunde schneller als du!“ Das ist mir in diesem Moment aber relativ egal. Erstens bin ich völlig „platt“. Und zweitens lief es bei mir nach meinem Empfinden richtig gut, gleichmäßig und souverän bin ich hier hochgefahren – genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Nach einer langen Mittagspause rollen wir die Südrampe herunter und biegen nach drei Kilometern rechts zum Umbrail-Pass ab. Mit etwas Schwung meistern wir die Passhöhe. Anfangs führen uns weitgeschwungene und einsehbare Kurven durch eine Wiesenlandschaft, der pure Kurvengenuss. Entgegen den Beschreibungen der Reiseliteratur ist der Umbrailpass inzwischen nun doch durchgängig asphaltiert. Später im bewaldeten Teil entwickelt sich das Ganze zu einer unübersichtlichen „Kurvenorgie“, die Kurven nehmen teilweise einen Verlauf, mit dem wir nicht rechnen. Etliche Lenkkorrekturen und Schrecksekunden sind die Folge. In Santa Maria gelangen wir auf eine gut ausgebaute Bundestraße und rollen hinab zu unserem Ausgangspunkt Glurns. Den Tag beschließen wir mit einem kohlenhydratreichen Drei-Gänge-Menü. „Fahren wir den Stelvio irgendwann noch einmal?“ fragt Timo. Ich denke zwei, drei, vier Sekunden lang darüber nach und antworte: „Vielleicht.“ Aus einem erfüllten Traum ergibt sich ein neuer. Oder zwei. Sie erheben sich nicht weit von hier gen Him- mel und heißen: Gaviapass – und Mortirolo. // 

 

 

Das Stilfser Joch

Die Passstraße zum Stilfser Joch wurde 1826 fertigge- stellt. Die damalige Trassierung wurde bis heute nicht verändert. Es genügte, die Straße zu verbreitern und die Kehren auszubauen. Die Fahrbahnbreiten liegen zwischen vier und sieben Meter, sämtliche Engstellen sind knapp zweispurig.

Geöffnet ist der Pass bei normalen Wetterverhältnis- sen von Juni bis Ende Oktober. Wetterinformationen findet man unter: www.provinz.bz.it
Die Südseite von Bormio (1217 Meter) bis zur Passhöhe auf 2757 Metern ist nicht ganz so beschwerlich, sie weist 38 Spitzkehren auf und eine durchschnittliche Steigung von acht Prozent. Zum Schutz gegen Stein- schlag und Lawinen wurde diese Strecke mit neun, davon drei extrem engen Felsgalerien ausgestattet, daher empfiehlt es sich ein Rücklicht zu montieren.

Unterkünfte in Glurns, Schlanders und Naturns findet man unter anderem unter: www.ortlergebiet.it
Am Samstag, dem 27. August 2016 ist der Stilfserjoch- Radtag, die Straße ist dann für Autos und Motorräder gesperrt.

Weitere Informationen:www.stelviobike.com 

 

Quelle: 

Foto: Volker Buchholz, M.Gerber; Text: Volker Buchholz, Timo Rediker

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